Hotelaffäre um Referentin Sexuelle Nötigung durch AfD-Mann Matthias Büttner? Vorstand war früher informiert

Magdeburg - Es ist wie häufig bei Affären: Am Ende geht es darum, wer wann was gewusst hat - und ob derjenige angemessen reagiert hat. Seit sechs Wochen wird Sachsen-Anhalts AfD von einer Affäre erschüttert, an deren Anfang eine angebliche oder tatsächliche Vergewaltigung in einem Erfurter Hotelzimmer stand.
Partei- und Fraktionschef André Poggenburg steht für sein Krisenmanagement parteiintern in der Kritik. Und er hat sich, was sein eigenes Handeln angeht, festgelegt: Vom Vergewaltigungsvorwurf habe er nichts gewusst - erst, als die Betroffene, eine damalige AfD-Fraktionsreferentin, bereits entlassen war.
Noch am Montag hat Poggenburg diese Darstellung bekräftigt. Am 21. Dezember, berichtete er in einer Pressekonferenz, habe er erstmals erfahren, dass der Vorwurf eines sexuellen Übergriffs im Raum stand. Könnten andere AfD-Abgeordnete schon vorher Bescheid gewusst haben? Auf diese Nachfrage der MZ reagierte Poggenburg mit einem umständlichen, aber eindeutigen Satz: „Mir ist keine Information bekannt, wo jetzt klar gesagt werden kann, dass der Tatvorwurf, der jetzt im Raum steht, vorher definitiv jemandem bekannt gewesen ist.“ Niemand wusste also etwas. Er habe über diese Frage auch noch einmal nachgedacht, bekräftigt Poggenburg.
AfD-Vorstand offenbar schon früher über Hotel-Affäre informiert
Mittlerweile ist klar: Wenn Poggenburg tatsächlich nichts gewusst hat, hätte er es zumindest wissen können. Er hätte nur mit Andreas Mrosek sprechen müssen. Der Dessauer ist Abgeordnetenkollege und darüber hinaus wie Poggenburg im AfD-Landesvorstand. Und eben dieser Mrosek war bereits am 11. Dezember informiert - das belegt ein der MZ vorliegendes Dokument. Damit ist der vom Fraktionsvorstand geschilderte Ablauf der Kündigung in Frage gestellt. Es wäre dann durchaus möglich, dass die Referentin entlassen wurde, um Büttner zu schützen und einen Skandal unter der Decke zu halten.
Mrosek selbst bestreitet, dass er frühzeitig informiert war. „Das stimmt nicht“, sagte der MZ am Mittwoch. „Ich habe von der angeblichen Vergewaltigung erst aus den Medien erfahren.“ Dass er entsprechende Informationen bereits vor der Kündigung verbreitet habe, sei ausgeschlossen. Ein Dokument, das das Gegenteil beweise, müsse gefälscht sein.
Wacklig ist die offizielle Darstellung von der Kündigung der Referentin allerdings an mehreren Punkten. Unklar ist weiterhin, warum Büttner mit seiner Mitarbeiterin bei jenem dienstlichen Aufenthalt am 16. November ein Doppelzimmer bezogen hat. Fraktionschef Poggenburg hat das offenbar bis heute nicht aufgeklärt - oder er vermeidet eine Aussage. Büttner habe ihm die Frage nicht beantwortet, sagte er am Montag - dabei könnte die Fraktion, die die Übernachtung bezahlt, auch beim Hotel nachfragen.
Daniel Roi droht Ausschluss aus der AfD-Fraktion
Nicht widerlegt ist auch, dass Büttner mit seiner Referentin bis zu jener Tagung in Erfurt ausgesprochen zufrieden war. In der AfD-Landtagsfraktion haben deshalb mehrere Mitglieder den Verdacht, dass die Frau in Wahrheit entlassen wurde, um Büttner zu schützen. Der Abgeordnete Daniel Roi aus Bitterfeld-Wolfen beklagt offen, alle Abgeordneten sollten auf eine vom Vorstand festgelegte Wahrheit verpflichtet werden. Roi droht am Freitagabend der Ausschluss aus der Fraktion.
Unterdessen wächst der Widerstand gegen Poggenburg auch in den Kreisverbänden. Acht Kreisvorsitzende planen für Sonntag in Wulfen (Anhalt-Bitterfeld) ein Krisentreffen. „Es brodelt überall, wir haben viele offene Fragen und bekommen keine Antworten“, sagt der Wittenberger Dirk Hoffmann, der eingeladen hat. Ob der Landesvorstand ebenfalls erscheint, ist laut Hoffmann offen. „Eine offizielle Antwort habe ich noch nicht.“ (mz)
