1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Senioren bangen um ihre Plätze: Senioren bangen um ihre Plätze: Altenheime in Sachsen-Anhalt immer teurer

Senioren bangen um ihre Plätze Senioren bangen um ihre Plätze: Altenheime in Sachsen-Anhalt immer teurer

Von Jan Schumann 20.05.2019, 07:58
Heimbetreiber müssen kräftig an der Preisschraube drehen. Einige  Bewohner können sich das kaum noch leisten.
Heimbetreiber müssen kräftig an der Preisschraube drehen. Einige  Bewohner können sich das kaum noch leisten. imago stock&people

Magdeburg - Teils kräftige Preissprünge in der Altenpflege beschäftigen die Heimaufsicht in Sachsen-Anhalt. Allein im laufenden Jahr prüfte das Landesverwaltungsamt 20 Beschwerden zu elf Heimen im Land.

Der Protest von Heimbewohnern und Angehörigen beziehe sich auf Einrichtungen „in ganz Sachsen-Anhalt“ und betreffe „private und frei-gemeinnützige Träger“, sagte Behördensprecherin Gabriele Städter der MZ. Die Behörde habe auch bereits vereinzelte Verstöße festgestellt - in diesen Fällen hatten Betreiber ihre Informationspflichten im Vorfeld der Preiserhöhungen verletzt, so Städter.

Ohnehin stehen viele Senioren und Familien aufgrund kräftiger Preissteigerungen in den vergangenen zwei Jahren vor Problemen. Zuletzt hatte die MZ über einen Fall in Halle berichtet, in dem die Kosten einer Bewohnerin allein seit Jahresbeginn um 600 Euro auf 1650 Euro gestiegen waren.

Preissprünge bei der Altenpflege: Betriber erklären Kosten

Doch solche Preissprünge gibt es nicht nur beim Betreiber Cura in Halle: Zahlreiche MZ-Leser berichten von vergleichbaren Fällen - in Einzelfällen geht es fast um Preisverdoppelungen innerhalb weniger Monate. Die Betreiber selbst bestätigen die Preissprünge. So erklärte die Arbeiterwohlfahrt Awo, dass 2018 die Preissteigerungen in ihren Häusern in Sachsen-Anhalt bei 28 Prozent lagen.

Geht es nach Betreibern wie Cura, der Awo oder dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), sind die steigenden Kosten für Bewohner aber aktuell unvermeidbar: Der Hauptgrund seien derzeit Lohnerhöhungen für das Pflegepersonal, so das DRK.

„Wir bedauern ausdrücklich, dass der Eigenanteil der Heimbewohner zum Jahr 2019 gestiegen ist“, sagte Landesgeschäftsführer Carlhans Uhle. „Gründe für die Verteuerung liegen vor allem in den höheren Tarifgehältern für unsere Angestellten in der Pflege, die tagtäglich wertvolle Arbeit am Menschen vollbringen.“ Hinzu kämen „Preissteigerungen bei Strom, Wasser und Versicherungen, die wir mit einkalkulieren mussten“.

Altenheime werden teurer: Mehrkosten zahlen die Senioren

Ähnlich äußern sich auch Cura und die Awo. Das Problem ist, dass die Pflegeversicherung in Deutschland eine Art Teilkasko-System ist: Weil Pflegekassen einen festen Zuschuss zahlen, gehen hinzukommende Kosten zulasten der Bewohner.

Es gibt politischen Druck, dies zu ändern - in der Pflegebranche und in Ministerien. „Die Politik muss dringend von einem System abkommen, in dem die Bewohner Kostenerhöhungen komplett tragen müssen“, fordert DRK-Geschäftsführer Uhle. Auch die Awo bekräftigt: „Pflege darf nicht arm machen.“

So sieht es auch Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Im MZ-Gespräch hatte sie zuletzt einen „Umbau“ gefordert, nötig sei eine Reform der Pflegeversicherung. „Mindestens muss es zu einer Deckelung der Eigenbeträge kommen“, so Grimm-Benne. „Besser wäre eine Pflegevollversicherung.“

Muss die Pflegeversicherung reformiert werden?

Ihre Forderung: Pflegepersonal müsse gut bezahlt werden, es sei aber falsch, die Zusatzkosten bei Pflegebedürftigen und Angehörigen abzuladen. Im Juni soll sich der Bundestag mit einer Petition zur Begrenzung des Eigenanteils beschäftigen.

Laut Awo übersteigen Heimkosten bereits heute das Renteneinkommen vieler Senioren: Monatlichen Durchschnitts-Heimkosten von 1750 Euro stehe ein Netto-Renteneinkommen in Ostdeutschland von durchschnittlich 1169 Euro gegenüber (Stand: Ende 2017). Im Westen lag das Renteneinkommen damals bei 1231 Euro.

Wenn das Einkommen nicht für die Heimkosten ausreicht, kann das Sozialamt zwar grundsätzlich einspringen. Voraussetzung ist aber eine aufwendige Bedürftigkeitsprüfung. (mz)