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Schulausfall in Rekordhöhe Schulausfall in Rekordhöhe: Land kämpft gegen nie dagewesenem Lehrermangel

Von Hagen Eichler 19.11.2019, 18:53
Die sogenannte Unterrichtsversorgung ist dadurch zum Stichtag 21. September auf nur noch 96,3 Prozent abgesackt.
Die sogenannte Unterrichtsversorgung ist dadurch zum Stichtag 21. September auf nur noch 96,3 Prozent abgesackt. dpa

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Schulen haben ein nie dagewesenes Defizit an Lehrern. Rund 600 Pädagogen fehlten derzeit, sagte Bildungsminister Marco Tullner (CDU) am Dienstag. Die sogenannte Unterrichtsversorgung ist dadurch zum Stichtag 21. September auf nur noch 96,3 Prozent abgesackt. Dieser Wert gibt an, wie viel Prozent der vorgesehenen Stunden erteilt werden können, sofern jeder Lehrer zum Dienst erscheint. Der tatsächlich erteilte Unterricht liegt durch Krankheitsausfälle von Lehrern stets noch niedriger.

Im Vorjahr hatte der Wert noch bei 99,4 Prozent gelegen, 2017 bei 101 Prozent. Die Koalition aus CDU, SPD und Grünen hat sich selbst 103 Prozent als Ziel gesetzt. Das Regierungsbündnis steht mittlerweile deutlich schlechter da als noch zu Beginn der Legislaturperiode (99,5 Prozent). Vom Mangel besonders hart getroffen sind Gemeinschaftsschulen (90,1 Prozent Versorgung) und Sekundarschulen (92,4 Prozent). Grundschulen (98,3 Prozent) und Gymnasien (100,5 Prozent) schneiden vergleichsweise besser ab.

Tullner räumte ein, dass sich die Lage in absehbarer Zeit auch nicht verbessern werde. 2016 habe das Land die Zahl der Lehramtsstudienplätze aufgestockt. Bis sich das in höheren Absolventenzahlen zeige, werde es jedoch dauern. „Mitte der 20er Jahre ist realistisch“, sagte Tullner.

Dass sich die Lehrerzimmer leeren, liegt zum einen am Ausscheiden zahlreicher altgedienter Pädagogen und einer zu geringen Zahl an Einstellungen. Zudem steigt die Zahl von Ausfällen durch Schwangerschaft und Elternzeit. Gleichzeitig ist die Zahl der Schüler leicht gestiegen. Rund 178 000 Kinder und Jugendliche lernen in diesem Schuljahr an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen, knapp 800 mehr als im Vorjahr. Dieser Trend hält bereits seit Jahren an.

Im Sommer hatte das Statistische Landesamt einen Schülerzuwachs von elf Prozent in zehn Jahren konstatiert.

Tullner sagte, auch mit dem derzeitigen Lehrermangel sei Unterricht möglich. „Wir sind in der Lage, ein stabiles Schulnetz vorzuhalten“, sagte er. „Zum Unterrichtsalltag gehört auch Unterrichtsausfall. Alle Schulen sind es gewohnt, Herausforderungen flexibel zu begegnen.“

Schulschließungen schließt der Minister aus. Durch das Aufgeben kleiner Standorte und die Bildung größerer Klassen ließen sich Lehrerstunden einsparen. „Das gibt es in dieser Legislaturperiode auf keinen Fall. Bis 2021 kann ich das verlässlich sagen.“ Auch auf verpflichtende Mehrarbeit für Lehrer will Tullner verzichten. Das Finanzministerium drängt seit langem darauf. Der Bildungsminister glaubt hingegen nicht, dass das Erfolg bringen würde. Mehrbelastungen würden nur zur „Flucht in Langzeiterkrankungen und in den Vorruhestand führen“, sagte Tullner.

Aktuell schreibt das Bildungsministerium 784 Stellen für allgemeinbildende Schulen aus. Damit sollen alle Referendare einen Anschlussvertrag erhalten. Ziel sei die Anstellung zum 1. Januar, sagte Tullner. Nach Angaben seines Ressorts sind 80 Mitarbeiter im Landesschulamt damit beschäftigt, die Stellen zu besetzen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert den Minister zum Umsteuern auf. „Wir brauchen verdoppelte Anstrengungen“, sagte Landesvorsitzende Eva Gerth. Auch jene Lehrer, die mit ihrer Bewerbung für eine Stelle auf Platz zwei oder drei landeten, müssten eingestellt werden. Mit attraktiven Bedingungen für eine Abordnung könne das Land diese Pädagogen dann an jene Schulen lenken, an denen sie gebraucht würden. „Lehrer abzuweisen kann sich niemand mehr leisten. Wir brauchen einfach jeden“, sagte Gerth. (mz)