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Fahndungen Schleusungen beschäftigen zunehmend Bundespolizei in Sachsen-Anhalt

• 13.4.2021, 09:21

Schwarzfahrer, Drogendelikte, Fahndungen - die klassischen Aufgaben der Bundespolizei werden zunehmend ergänzt durch neue Felder.

Magdeburg (dpa/sa) - Die Bundespolizei in Sachsen-Anhalt hat aufgrund eines großen Verfahrens mit gefälschten Online-Tickets im vergangenen Jahr mehr Straftaten festgestellt. Insgesamt 11 475 Delikte seien registriert worden und damit 1019 mehr als noch im Jahr 2019, wie die Bundespolizeiinspektion Magdeburg mitteilte. In Zeiten des Lockdowns mit eingeschränktem Reiseverkehr seien die Deliktzahlen im Zusammenhang mit Bahnreisen zurückgegangen, sagte der Leiter der Bundespolizeiinspektion, Alexander Schmelzer. Die Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz seien von über 3000 auf knapp 2500 zurückgegangen, es seien auch weniger Urkundendelikte wie gefälschte Papiere entdeckt worden.

Bei dem Online-Ticket-Verfahren, das der Inspektion zur Bearbeitung zugewiesen worden war, seien insgesamt mehr als 4850 Betrugsdelikte offengelegt worden. Dabei habe ein 36-Jähriger mit mehr als 1700 Kreditkartensätzen und 155 E-Mail-Adressen Online-Tickets erstellt und weiterverkauft. Der Schaden liege bei mehr als 550 000 Euro. In dem Zusammenhang hätten die Kollegen der Bundespolizeiinspektion Magdeburg erstmals einen Internationalen Haftbefehl erwirkt. Der Tatverdächtige sei im August in Essen festgenommen worden, die Hauptverhandlung sei für diesen April angesetzt.

Illegale Migration hat die Bundespolizistinnen und -polizisten in Sachsen-Anhalt weiter stark beschäftigt. Der Schwerpunkt veränderte sich laut Schmelzer allerdings. Während 2019 Visa-Erschleichungen eine große Rolle spielten, seien im vergangenen Jahr zunehmend Schleusungen in Lastwagen registriert worden. Der Trend halte an. Nachdem 2019 zwei solcher Schleusungen im Land festgestellt wurden, waren es im vergangenen Jahr 14 und bis zum 9. April dieses Jahres schon 14.

Die Geschleusten seien dabei in engen Zwischenräumen zwischen der Ladung versteckt, oft zu leicht bekleidet für die Jahreszeit, sagte Schmelzer. Wegen der vorgegebenen Lenk- und Ruhezeiten legten die meist bulgarischen oder rumänischen Fahrer vier Stunden nach dem Grenzübertritt in Sachsen-Anhalt ihre erste Pause ein, und die Geflüchteten machten sich bemerkbar, sagte Schmelzer.

In der Regel wüssten die Fahrer von den illegalen Mitfahrern nichts, das hätten Befragungen ergeben. Der Zustiegsort sei meist in Rumänien. Laut Schmelzer handelt es sich um organisierte Kriminalität, bei der keine Rücksicht auf das Leben der Menschen genommen wird.

Um mehr Informationen zu den Schleusungen zu gewinnen, ist die Bundespolizei im Rahmen eines Pilotprojekts gemeinsam mit der Landespolizei in der Landeserstaufnahme in Magdeburg tätig. Seit Ende Oktober würden dort Neuankömmlinge erfasst und befragt. Viele hätten wenige Stunden zuvor die Grenze überschritten. Das Pilotprojekt solle bis Ende März 2022 laufen.

Ein zunehmendes Phänomen sei die Einschleusung von Flüchtlingen nach Deutschland, die bereits in Griechenland anerkannt worden seien, sagte Schmelzer. Sie reisten mit dem Flugzeug nach Polen, Belgien oder in die Niederlande, kämen dann illegal nach Deutschland und beantragten erneut Asyl. Die Bundespolizeiinspektion Magdeburg habe bislang mehr als 40 dieser Fälle festgestellt, seit dem vierten Quartal 2020 gebe es einen deutlichen Anstieg.

Erst am vergangenen Freitag waren an der Landeserstaufnahme Magdeburg zwei mutmaßliche Schleuser aufgegriffen worden, die mehrere Personen abgesetzt hatten. In ihren Autos hatten sie laut Bundespolizei sechs Syrer, darunter zwei Kleinkinder, transportiert.

Ein 55-Jähriger habe gestanden, an mindestens 30 Schleusungen aus Amsterdam, Brüssel und Luxemburg beteiligt gewesen zu sein und 186 Geschleuste nach Deutschland transportiert zu haben. Dem zweiten mutmaßliche Schleuser seien vier Schleusungen mit 17 Personen zugeordnet worden. Die Männer sitzen in Untersuchungshaft. (dpa)