Parteitag der Landes-SPD Sachsen-Anhalt: SPD mit Kenia-Koalition unzufrieden

Wernigerode - Da ist es wieder, das berühmte „Lagerfeuer von Kenia“. Dass es dort „schön warm“ sei, wie Ministerpräsident Reiner Haseloff einst schwärmte, wird an diesem Abend mehrfach zitiert – stets kritisch.
Am Feuer sei es kühler geworden, berichtet Wirtschaftsminister Armin Willingmann dem SPD-Landesparteitag am Freitagabend. Einen Grund dafür sieht er bei der CDU, dem „politischen Wettbewerber“, wie er sagt. Der habe einfach nicht begriffen, dass die AfD „in hohem Maße rechtes, antidemokratisches Gedankengut“ verbreite. Immer wieder gebe es CDU-Stimmen für AfD-Anträge, klagt Willingmann. „Das finde ich ärgerlich.“
Ein Drittel ihrer Amtszeit hat Sachsen-Anhalts Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen hinter sich. Der sozialdemokratische Landesparteitag in Wernigerode will nun Bilanz ziehen – und die fällt kritisch aus. „Wenn Abgeordnete der CDU mit der AfD stimmen - das geht gar nicht“, sagt Landtagsfraktionschefin Katja Pähle eindringlich und betont jedes Wort.
Eine Warnung schickt sie aber auch an die Grünen. Pähle rügt die grüne Umweltministerin Claudia Dalbert für den Widerstand gegen das Tourismusprojekt von Schierke.
Dalbert hatte dort eine „Harz-Mafia“ am Werk gesehen, bevor sie sich für den Begriff entschuldigte. „Wer den kleinsten Konflikt mit den Posaunen von Jericho orchestriert“, sagt Pähle, „der muss sich nicht wundern, wenn die Mauern der Koalition einstürzen.“
Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt: SPD will Regierung mit CDU und Grünen fortsetzen
Die SPD will dieses Bündnis fortführen – nicht aus Begeisterung, sondern aus Pflichtgefühl. Eine andere demokratische Mehrheit sei eben nicht möglich, sagt die Fraktionschefin.
Sie macht aber deutlich: Die SPD will es nicht dabei belassen, ihren Wirtschaftsminister und ihre Sozialministerin Petra Grimm-Benne arbeiten zu lassen. Auch in der Bildungspolitik wollen sie mitmischen. „Daran muss sich die CDU gewöhnen“, sagt Pähle.
Sachsen-Anhalts SPD will von der CDU ein eindeutiges Bekenntnis zur Fortführung der Kenia-Koalition. Die Sacharbeit der Regierung werde überlagert von Querelen, klagten mehrere Redner.
Im ersten Leitantrag, den der Landesvorstand vorgelegt hat, wird mächtig ausgeteilt gegen den großen Koalitionspartner. Bei der Umsetzung von Vorhaben des Koalitionsvertrages zeigten CDU-geführte Ministerien „erhebliche Defizite“, heißt es in dem Papier.
Bildungsminister Marco Tullner kreiden die Sozialdemokraten Lustlosigkeit beim Finden zusätzlicher Lehrer und zusätzlicher Finanzen an. „Die Bilanz der Landesregierung in der Schulpolitik kann Eltern, Lehrer und Schüler nicht zufriedenstellen“, rügt der Leitantrag.
Die SPD-Basis freilich hat keinen großen Redebedarf an diesem Abend. Ein Mitglied warnt vor dem Streichen von Forstämtern und stellt die Koalition in Frage. Der SPD-Europaabgeordnete Arne Lietz geht CDU-Landesgeneralsekretär Sven Schulze an – der hatte dem Demokratie-Verein „Miteinander“ mit dem Entzug von Landesgeld gedroht. „Sven Schulze muss das Einmaleins der pluralistischen Gesellschaft noch lernen“, sagt Lietz
Der Leitantrag wird an diesem Abend mit großer Mehrheit beschlossen. Zuvor hatte sich die Partei Zeit genommen, die Arbeit ihrer Minister herauszustellen.
Sozialministerin Petra Grimm-Benne feiert die Entlastung von Kommunen, mehr Geld für Kitas und mehr Lehrer. Sie wirbt für eine „perspektivisch“ kostenfreie Kita.
Wirtschaftsminister Willingmann lobt die Wirtschaftsentwicklung im Land mit einer Arbeitslosenquote von erstmals unter acht Prozent. „Das ist ein Erfolg und das ist ein Erfolg der Sozialdemokraten“, sagt er. In diesem Jahr will er ein neues Hochschulgesetz vorlegen, „das modernste in Deutschland“.
Willingmann ist es auch, der sich am deutlichsten vom alten Kurs der SPD distanziert. Eine „nahezu maßlose“ Sparpolitik habe an den Hochschulen das Vertrauen der dort Arbeitenden und Studierenden zerstört, klagt er.
Zwei Tage lang berät sich die SPD in Wernigerode. Am Freitag steht die Landespolitik im Mittelpunkt - am Tag danach aber wird die verdrängt von den Entwicklungen in Berlin. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat sich angesagt. Es wird erwartet, dass er für die Ergebnisse der Sondierungen mit der CDU über eine Bundesregierung werben wird. (mz)