Arbeit sucht ArbeiterSachsen-Anhalt: Nur durch Syrer und Polen steigt Beschäftigung im Land

Halle (Saale) - Den Firmen in Sachsen-Anhalt gehen die Arbeitskräfte aus. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung prognostiziert für das Jahr 2020 nur noch ein Plus von 1.600 Beschäftigten in Sachsen-Anhalt auf 801.000. „Das Land ist mit Thüringen und dem Saarland eines der Bundesländer mit dem geringsten Job-Wachstum“, sagte der Chef der Landesarbeitsagentur, Kay Senius, der MZ. Der geringe Aufwuchs werde vor allem von Ausländern aus Syrien und Polen getragen. „Bei den deutschen Beschäftigten haben wir bereits einen Rückgang“, erklärte Senius.
Grund sind nicht fehlende Stellen, sondern demografische Entwicklung
Der Grund sind nicht fehlende freie Stellen, sondern die demografische Entwicklung. „Der Punkt ist erreicht, an dem die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter immer weiter schrumpft“, so Senius. Nach seiner Ansicht wird sich die Situation noch verschärfen: „Jeder vierte Beschäftigte im Land ist über 55 Jahre alt und wird auf absehbare Zeit in den Ruhestand gehen.“ Die Zahl der Schulabgänger reiche nicht aus, um das zu kompensieren. Laut Arbeitsagenturchef ist auch eine alternde Gesellschaft auf viele Dienstleistungen angewiesen. Der Bedarf an Pflegekräften und medizinischem Personal werde sich erhöhen. Senius kommt daher zu dem Schluss: „Ohne nennenswerte Zuwanderung werden Arbeitgeber kaum zusätzliche Beschäftigte mehr finden.“
Fachkräftemangel: „Ostdeutschland braucht viel mehr Zuwanderer“
„Ostdeutschland braucht viel mehr Zuwanderer aus Ländern außerhalb der Europäischen Union, um den absehbaren Arbeitskräftemangel zu beheben“, sagte auch der Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden. Es werde nicht gelingen, ausreichend Fachkräfte aus Westdeutschland oder dem europäischen Ausland zu gewinnen, dort gebe es ähnliche Probleme. In einzelnen ostdeutschen Regionen wie Mansfeld-Südharz und der Altmark werde die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2030 um rund ein Drittel zurückgehen. „Wenn die verfügbaren Stellen nicht besetzt werden, sind negative Wachstumswirkungen zu erwarten“, erklärte Ragnitz.
Arbeitslosenquote im Land im November auf historischem Tiefststand von 6,6 Prozent
Größere mediale Aufmerksamkeit erhielt zuletzt das Pharma-Unternehmen Serumwerk Bernburg (Salzlandkreis), das in der Ukraine eine deutsche Sprachschule gegründet hat. Das Unternehmen teilte mit: „Es geht uns nicht darum, billige Arbeitskräfte zu gewinnen, wir wollen den Fachkräftebedarf in der Region decken.“
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird durch den demografischen Wandel aktuell jedoch entspannt. Trotz konjunktureller Eintrübung lag die Arbeitslosenquote in Sachsen-Anhalt im November auf einem historischen Tiefststand von 6,6 Prozent. Für 2020 erwartet die Arbeitsagentur einen weiteren Rückgang.
Sachsen-Anhalt: Entwicklung in den Branchen verläuft unterschiedlich
Wirtschaftlich verlief das Jahr für Sachsen-Anhalt nach Einschätzung von Ifo-Forscher Ragnitz durchwachsen. Im ersten Halbjahr 2019 habe die exportorientierte Industrie ein Umsatzminus von 0,7 Prozent aufgewiesen. Die Entwicklung in den Branchen verläuft unterschiedlich. Während die Chemie ein Plus von 6,6 Prozent einfuhr, sackten die Umsätze im Maschinenbau um acht Prozent ab. Starke Säulen der Konjunktur sind laut Ragnitz die Bauindustrie sowie das Gastgewerbe und der Tourismus, die weiter florieren. (mz)