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Rekord-Überschuss Sachsen-Anhalt mit Haushaltsplus von 350 Millionen Euro

10.01.2017, 16:38
Mehrere Euro-Geldscheine
Mehrere Euro-Geldscheine dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Das Land hat 2016 einen Haushaltsüberschuss von 350 Millionen Euro erwirtschaftet. Ein Grund seien deutlich höhere Steuermehreinnahmen, teilte das Finanzministerium am Dienstag mit. Allein dadurch seien 365 Millionen Euro mehr eingenommen worden.

Auch die seit Dezember greifende Beteiligung des Bundes bei den Integrationskosten für Flüchtlinge habe einen großen Anteil.

Dank der positiven Einnahmesituation sei es möglich gewesen, im laufenden Betrieb bereits erste finanzielle Entlastungen der Kommunen, 270 neue Lehrerstellen sowie 20 Hilfspolizisten zu finanzieren, ohne auf Rücklagen zurückgreifen zu müssen.

Unerwartete Einnahmen für Sachsen-Anhalt: Finanzminister will alte Schulden tilgen

Finanzminister André Schröder will dem Landtag vorschlagen, einen Teil des Überschusses für eine Sondertilgung der Altschulden zu verwenden. Der Großteil solle in Rücklagen fließen, sagte der CDU-Politiker.

So könnten Risiken für den aktuell diskutierten Doppeletat 2017/2018, etwa durch die niedrigere November-Steuerschätzung abgefangen werden, sagte Schröder.

Das Plus sei kein Zeichen solider Haushaltsführung, kritisierte hingegen die oppositionelle Linke-Fraktion. „Die Ausgaben für Asyl und Integration sind niedriger, die Steuereinnahmen sind höher als prognostiziert. Auf beides hat die Landesregierung ungefähr den gleichen Einfluss wie auf das Wetter“, erklärte Fraktionschef Swen Knöchel.

Die Koalition habe 2016 viele vom Landtag beschlossene Projekte schlichtweg nicht umgesetzt und so Geld gespart. Knöchel nannte als Beispiel, dass 200 000 Euro für Radverkehrsprojekte eingeplant waren. Ausgegeben worden seien nur 17 000 Euro.

Zusätzliche Einnahmen für Sachsen-Anhalt: SPD sieht Rückendeckung für neue Projekte

Die mitregierende SPD sieht im Überschuss eine Rückendeckung für die Kernprojekte im Doppelhaushalt. „Solche Zahlen hätten sich frühere Landesregierungen gewünscht“, erklärte SPD-Landeschef Burkhard Lischka.

Der Überschuss könne in den Doppeletat fließen, um damit das notwendige Personal bei Lehrern und Polizei sowie eine bezahlbare Kinderbetreuung finanzieren zu können.

„Die aktuelle Finanzlage gibt uns die Möglichkeit, unseren Gestaltungshaushalt ohne Abstriche umzusetzen“, bekräftigte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann.
Finanzminister Schröder warnte jedoch vor neuen Wünschen. „Wir können die Überschüsse nicht verwenden, um mehr Geld auszugeben“, sagte er. „Wir sind ein hochverschuldetes Land.“ Den Überschuss nicht in Rücklagen zu stecken, könnte auch die Konsolidierungshilfen des Bundes gefährden.

Auch der Landesrechnungshof mahnte zur Vorsorge. Es sei richtig, den Überschuss in erster Linie zu nutzen, um Risiken im aktuellen Haushaltsentwurf abzubauen“, erklärte Präsident Kay Barthel. Auch die vorgeschlagene Sondertilgung sei angesichts des Schuldenbergs von 20 Milliarden Euro sinnvoll.

Zusätzliche Einnahmen in Sachsen-Anhalt: Landesrechnungshof warnt Kenia-Koalition

Selbst wenn die kompletten 350 Millionen Euro Jahresüberschuss jedes Jahr in die Tilgung flössen, bräuchte Sachsen-Anhalt mehr als 57 Jahre, um die Schulden abzubauen.

Der Präsident des Landesrechnungshofes hatte den Entwurf für den Doppeletat 2017/2018 zuletzt mehrfach als hochriskant kritisiert. Er beanstandete vor allem eine globale Minderausgabe, bei der die Häuser im laufenden Betrieb allein kommendes Jahr 160 Millionen Euro wieder einsparen müssen. Zudem schätzte die Koalition beim Etatentwurf die Steuern deutlich höher als die Experten der Bundesregierung in ihrer November-Steuerschätzung.

Das Auffüllen der Reserven würde Schröder erlauben, die Mittel etwa bei niedrigeren Steuereinnahmen wieder zu entnehmen und damit das Risiko im Haushalt zu senken. Der Etatentwurf hat ein Rekordvolumen von jährlich mehr als 11 Milliarden Euro. Er soll im März verabschiedet werden.

Der Finanzminister will dem Kabinett in der kommenden Woche eine genaue Übersicht über Mehreinnahmen sowie Minderausgaben in den Ministerien im abgelaufenen Haushaltsjahr vorlegen. Eine Baustelle benannte er schon: „Wir müssen uns dem Abrufen von EU-Mitteln unbedingt widmen.“ Die Nutzung der Fördergelder müsse forciert werden. Sowohl in den Ministerien als auch bei Hilfsprogrammen für Kommunen seien nicht alle Mittel wie geplant abgerufen worden. (mz/dpa)