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Gremien streben neue Koalition an Regiert die SPD noch mal? Gegner stemmen sich gegen Dreierbündnis

Die Parteispitze empfiehlt Verhandlungen mit CDU und FDP - doch Kritiker stemmen sich dagegen. Sie fürchten, die Sozialdemokraten würden zerrieben.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 11.07.2021, 20:51
Die SPD-Spitze um Fraktionschefin Katja Pähle verteidigt die Pläne für Koalitionsverhandlungen.
Die SPD-Spitze um Fraktionschefin Katja Pähle verteidigt die Pläne für Koalitionsverhandlungen. (Foto: dpa/Archiv)

Quedlinburg/MZ - Für die große Aussprache haben sich Sachsen-Anhalts Sozialdemokraten eine gute Adresse ausgesucht. Gebucht ist das „Palais Salfeldt“ in Quedlinburg, viel besser geht es nicht in der Harz-Stadt. Allerdings: Die am Samstag anreisenden Sozialdemokraten wollen hier und heute Tacheles reden. Es geht darum, ob die SPD in den kommenden fünf Jahren mit CDU und FDP in einer neuen „Deutschland-Koalition“ regieren soll.

Die Vorlage kommt vom sechsköpfigen SPD-Sondierungsteam um die Parteichefs Andreas Schmidt und Juliane Kleemann: Sie haben knapp vier Wochen mit CDU und FDP sondiert, empfehlen Koalitionsverhandlungen.

Liberale als natürlicher Gegner

Aber am Samstag in Quedlinburg ist klar: Es gibt auch Gegner des Dreierbündnisses. Die SPD-Parteijugend etwa, die Jusos, halten die FDP für einen der „natürlichsten Gegner“ der SPD, sie sind gegen eine gemeinsame Regierung. Zumal die FDP rechnerisch gar nicht gebraucht werde, da SPD und CDU bereits allein eine Ein-Stimmen-Mehrheit hätten. Die Jusos argumentieren am Samstag: Mit gleich zwei konservativen Partnern müsse die SPD zu viele inhaltliche Eingeständnisse machen, sie könne zu wenig eigene Projekte durchsetzen. Die Jusos fragen: Wird es uns in einer solch konservativen Regierung gedankt, wenn wir immer neue Ideen für das Land liefern, Erfolge aber dem Ministerpräsidenten zugerechnet werden? Eher nicht, fürchten sie. Bei der Wahl im Juni war die SPD auf 8,4 Prozent abgestürzt.

Statt der Deutschland-Koalition würden die Juso nach aktuellem Stand sogar lieber allein mit den Christdemokraten regieren - aus Juso-Sicht wäre das schon ein Biss in den sauren Apfel. Ebenso kritisch argumentiert am Samstag der SPD-Arbeitnehmerflügel AfA. Aus der Partei heißt es: Die Regierungs-kritischen Stimmen sind grundsätzlich eher an der Basis zu finden. Je höher die Parteiebene, desto mehr Unterstützer für eine Regierungsbeteiligung gibt es.

Die SPD-Spitze um Fraktionschefin Katja Pähle verteidigt die Pläne für Koalitionsverhandlungen am Samstag. Ein zentraler Punkt der Regierungsbefürworter: Das politisch Erreichte soll unbedingt gehalten werden. Etwa die Erleichterungen bei den Kita-Kosten. Allerdings soll Sozialministerin Petra Grimm-Benne am Samstag schon signalisieren, dass die im Wahlkampf geforderte kostenfreie Kita im neuen Bündnis kaum realistisch sei. Eine andere SPD-Forderung für Koalitionsverhandlungen ist ein neues Vergabegesetz, das höhere Löhne für Unternehmen im Landesauftrag bringen soll: Kritische Genossen bemängeln, dass es mit CDU und FDP letztlich nur eine „verwässerte“ Lösung geben könnte. Eine definitive Mindesthöhe sei von der SPD-Spitze bisher jedenfalls nicht vorgelegt worden, heißt es.

Pähle wirbt nach der Sitzung am Samstag vehement für Koalitionsverhandlungen. Sie weiß um die Bauchschmerzen einiger Genossen, aber: „Wer tritt denn sonst ein für die sozialdemokratische Sache?“ Sie wolle, dass die SPD in Sachsen-Anhalt weiter mitgestalten könne. Entscheidend sei, was bei den Verhandlungen herauszuholen sei.

Parteitag am Freitag

Die Ergebnisse nach fünf Stunden Diskussion in Quedlinburg sind eindeutig: Der Parteirat, der die Basis repräsentiert, votiert mit 13 zu zwei Stimmen für Koalitionsverhandlungen. Im Landesvorstand sind es neun zu drei Stimmen. Allerdings glauben fast alle Sozialdemokraten: Je mehr Basismitglieder dazu befragt werden, desto knapper kann die endgültige Entscheidung über die Koalitionsfrage noch werden.

Der Parteitag am kommenden Freitag in Leuna (Saalekreis) wird daher zum Gradmesser: Dort entscheidet Sachsen-Anhalts SPD dann final, ob sie in weitere Gespräche zur Regierungsfindung mit CDU und FDP eintritt. Bereits jetzt ist zudem klar: Wenn irgendwann ein Koalitionsvertrag steht, muss dieser von einem SPD-Mitgliederentscheid abgesegnet werden. Zuvor soll es Regionalkonferenzen geben.