Kommentar zum Radverkehr in Sachsen-Anhalt Radwegebau im Schneckentempo
Beim Radwegebau in Sachsen-Anhalt ist mehr Tempo nötig – die wachsende Radlergemeinde wird es danken.

Halle/MZ - Dank einer fünfköpfigen Familie aus Anhalt-Bitterfeld freut sich der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in Sachsen-Anhalt nunmehr über 2.000 Mitglieder. Das ist schön für den Lobbyverband, wäre aber an dieser Stelle keine Nachricht wert, wenn es nicht zeitlich zusammenfallen würde mit Zahlen, die jüngst aus dem Infrastrukturministerium bekannt geworden sind: In neun Jahren hat das Land nur 146 Kilometer Radwege entlang von Landes- und Bundesstraßen gebaut. Deutlich mehr Projekte sind in der Planung, immerhin, aber sie werden aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht umgesetzt.
Das ist misslich, nicht nur für die Familie aus Anhalt-Bitterfeld, die sich, so teilt es der ADFC mit, einen sicheren Schulweg für radelnde Kinder wünscht. Sondern für immer mehr Menschen, die das Fahrrad als ernstzunehmendes alltagstaugliches Verkehrsmittel entdecken, auf dem Weg zur Arbeit, zur Kita, zur Schule, zur Uni, zum Einkaufen. Und das nicht nur in den beiden Großstädten des Landes, sondern – siehe Anhalt-Bitterfeld – auch in ländlichen Regionen.
Sachsen-Anhalt liegt im Trend: Bundesweit nutzen immer mehr Menschen das Fahrrad
Sachsen-Anhalt liegt damit im Trend: Laut Bundesverkehrsministerium nutzen auf Distanzen unter 15 Kilometern immer mehr Menschen das Fahrrad, 55 Prozent halten es sogar für unverzichtbar. Sie fordern von der Politik zu Recht mehr und sicherere Fahrradwege.
Wenn das Land aber im bisherigen Schneckentempo weitermacht mit dem Radwegebau, wird es weder den Bedürfnissen des radelnden Teils der Bevölkerung gerecht noch den eigenen Ansprüchen. Immerhin sieht sich Sachsen-Anhalt laut dem Radverkehrsplan als „Fahrradland“, das eine „lückenlose“ Radinfrastruktur anstrebt. Mit Radverkehrskoordinatorinnen im Ministerium, die den Überblick im Förderdschungel behalten, ist schon einiges getan. Damit es aber nicht bei wohlklingenden Worten bleibt, muss das Land nun aufs E-Bike steigen und einen Gang hochschalten.