Nach Baumsterben Nach Baumsterben: Streit um Aufräumaktion im Nationalpark Harz

Magdeburg - Die CDU-Fraktion im sachsen-anhaltischen Landtag stellt den Nationalpark Harz in seiner bestehenden Form in Frage. Anlass sind die Zerstörungen des Borkenkäfers im Fichtenwald: Mehrere CDU-Politiker fordern, die toten Bäume zu entfernen und die Flächen aufzuforsten. Der grüne Koalitionspartner hält nichts von diesem Plan - und auch Niedersachsen als zweiter Träger des Nationalparks lehnt ihn ab.
Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) warnt vor Eingriffen in die Kernzone des Nationalparks. „Diese Forderung entbehrt jeder fachlichen Grundlage“, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Die abgestorbenen Fichten seien wichtig für die natürliche Verjüngung des Waldes. Totholz gebe wichtige Nährstoffe frei, schütze vor Sonne und Frost und sei ein Keimbett für junge Fichten. Auch für Insekten wäre das Abräumen toter Stämme „ein gewaltiger ökologischer Schaden“, warnte die Sprecherin.
Kann sich Natur im Oberharz von allein erholen?
Die CDU-Fraktion im Magdeburger Landtag hingegen bezweifelt, dass sich die Natur im Oberharz von allein erholt. Die „veränderten Klima- und Umweltbedingungen“ zwängen zu Änderungen am Nationalparkgesetz, betont der umweltpolitische Sprecher Andreas Schumann. Anders lasse sich die Artenvielfalt nicht erhalten. Konkret wollen die Christdemokraten hitze- und trockenheitsresistente Bäume anpflanzen - auch in der Kernzone des Schutzgebiets.
„Ziel eines Nationalparks sollte es nicht sein, dass das Schutzgut Wald abstirbt und dadurch Kahlflächen, Erosionen und Verkarstung entstehen“, findet auch der forstpolitische Sprecher der CDU, Guido Heuer. Der natürliche Waldumbau müsse durch Aufforstung unterstützt werden.
4,3 Millionen junge Laubbäume im Harz gepflanzt
Derzeit ist das ausschließlich in den Randbereichen des Nationalparks zulässig. Die Verwaltung hat dort in den vergangenen zehn Jahren nach eigenen Angaben rund 4,3 Millionen junge Laubbäume anpflanzen lassen. Dazu zählen vor allem Buchen, aber auch Bergahorn, Weiden, Espen und Birken. In den höheren Lagen hingegen soll sich der Fichtenwald von selbst regenerieren. Beispiele dafür gebe es, sagte Nationalparkchef Andreas Pusch. „Wir haben Flächen, die der Borkenkäfer schon vor zehn Jahren befallen hat. Heute sieht man dort sehr schön, wie sich die Natur verjüngt hat. Der Wald stirbt nicht. Er ändert nur sehr rasant seinen Zustand.“
Der Nationalpark Harz entstand 2006 aus der Fusion zweier älterer Schutzgebiete in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Der Kern, die sogenannte Naturdynamikzone, soll sich zum Urwald entwickeln. Dort sind Eingriffe untersagt. Aktuell sind etwa 60 Prozent dieser Zone seit mindestens 30 Jahren unberührt.
Seit dem vergangenen Jahr hat sich der Borkenkäfer explosionsartig vermehrt. 40 Quadratkilometer Fichtenwald sind bereits abgestorben. Private Waldbesitzer sprechen von einer Brutzone für Schädlinge.
„Der Borkenkäfer vermehrt sich nur im frischen Holz“
Der Nationalpark widerspricht. „Der Borkenkäfer vermehrt sich nur im frischen Holz“, sagte Nationalparkchef Pusch. Zudem wüte der Borkenkäfer auch weitab vom Harz. „Das liegt am Klimawandel mit extremer Hitze und Trockenheit. Kein Käfer fliegt vom Harz in die Altmark oder ins Weserbergland.“
Rückendeckung bekommt Pusch von Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne). „Ich verstehe, dass es Menschen betrübt, wenn sie im Nationalpark tote Bäume sehen“, sagte sie. „Aber der Wald verjüngt sich. Man muss dazu nur einmal auf den Boden sehen.“ Sie kündigt mehr Aufklärung durch Nationalparkmitarbeiter an. „Die Ranger werden mehr Zeit investieren, um über die Lage aufzuklären.“ (mz)