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Lehrermangel Lehrermangel Sachsen-Anhalt: Das sagen Bildungsminister Marco Tullner und der Lehrerverband zum Notstand

19.05.2017, 15:42
Marco Tullner, Bildungsminister Sachsen-Anhalts, äußert sich zum Lehrermangel in seinem Bundesland und sieht drei Kernbereiche im Rahmen seines Handlungsspielraums.
Marco Tullner, Bildungsminister Sachsen-Anhalts, äußert sich zum Lehrermangel in seinem Bundesland und sieht drei Kernbereiche im Rahmen seines Handlungsspielraums. Nicolas Ottersbach

Halle (Saale) - Zum Lehrermangel in Sachsen-Anhalt haben Bildungsminister Marco Tullner (CDU) und Bildungsgewerkschaft Sachsen-Anhalt verschiedene Standpunkte.

Lehrermangel in Sachsen-Anhalt: Marco Tullner appelliert an das Hinterfragen der Regeln

Bei allen Schwierigkeiten in unseren Schulen, ist es mir wichtig, zunächst allen Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern zu danken, die mit hohem Engagement und Einsatz dafür sorgen, dass in unseren Schulen täglich gute Arbeit geleistet wird.

Die vielen Kolleginnen und Kollegen arbeiten unermüdlich, um unsere wertvollste Ressource auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
Die Unterrichtsversorgung und die Vorbereitung des kommenden Schuljahres sind die zentralen Herausforderungen für mich. Dabei geben der Landeshaushalt und die verfügbaren Mittel den Rahmen meines Handelns. Aktuell gibt es drei Kernbereiche:

Lehrermangel Sachsen-Anhalt: Neue Lehrkräfte sollen kommen

Viele Jahre konnten nur wenige neue Lehrkräfte für unsere Schulen eingestellt werden. Im vergangenen Jahr wurde endlich umgesteuert. Allein 2016 wurden mehr als 720 Lehrkräfte eingestellt.

Auch in diesem Jahr werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die verfügbaren Stellen auszuschreiben und zu besetzen. Mehr als 200 Stellen wurden seit Januar besetzt, 370 wurden Ende April ausgeschrieben. Weitere werden im September folgen.

Lehrermangel Sachsen-Anhalt: Tullner fordert schulinterne Entlastungen

Unsere Referendare werden künftig früher beginnen, eigenverantwortlich Unterricht zu halten. Das gibt auch den Ausbildungsschulen Freiraum.

Erste Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie und Berichtspflichten werden Schulleitungen und Lehrkräften Entlastung bringen. Bestehende Regelungen sollen hinterfragt werden, es wird den Mut geben, Neues auszuprobieren.

Lehrermangel Sachsen-Anhalt: Effizienz steigern ist das Ziel

Ziel der Maßnahmen ist es, die Effektivität des Mitteleinsatzes zu steigern, ohne dabei die Qualität zu gefährden. Mir war wichtig, die Schulen nicht vor Ferienbeginn mit neuen Fakten zu überraschen, sondern sie rechtzeitig  zu unterstützen.

Bereits vor Wochen gab es erste Informationen in Form eines Schulleiterbriefs aus dem Ministerium für Bildung sowie einer individuellen Unterrichtung aus dem Landesschulamt.

Vor einigen Tagen wurde damit begonnen, jede Schule bei der Vorbereitung des neuen Schuljahres zu beraten. Im Anschluss werden wir die Ergebnisse diskutieren und gegebenenfalls in Einzelfällen nachstehen. Die Maßnahmen haben ein klares Ziel: die Absicherung einer konstanten und soliden Unterrichtsversorgung - daran arbeiten wir derzeit mit Hochtouren.

Lehrermangel Sachsen-Anhalt: Das sagt die Bildungsgewerkschaft

In der Debatte um eine angemessene Ausstattung der Schulen im Lande mit pädagogischem Personal sind für die GEW zwei Aspekte vor jeder Diskussion über Zahlen entscheidend: Zum einen, dass Bildung ein hohes Gut und ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft ist; zum zweiten, dass Bildung maßgeblich durch Menschen geprägt ist - Kinder, Eltern, Lehrkräfte und viele andere.

Die konkrete Ausgestaltung der Unterrichtsstunde hängt von vielen Faktoren ab. Ohne Lehrkraft kann sie aber nicht stattfinden. Die Alarmsirenen hätten bei den Verantwortlichen spätestens dann dauerhaft ertönen müssen, als nicht mehr für jede Unterrichtsstunde eine Lehrkraft vorhanden war.

Dieser Punkt war vor eineinhalb Jahren erreicht. Durch Krankheit, Mutterschutz, Klassenfahrten und so weiter können inzwischen gut zehn Prozent des Unterrichts nicht regulär erteilt werden.

Lehrermangel Sachsen-Anhalt: Menschen wird Chance auf Arbeit und Zukunft genommen

Die Konsequenzen sind tagtäglich spürbar. Das Bildungsministerium reagiert mit einer stetigen Verteilung des Mangels, also weniger Personal für die einzelne Schule.

Dabei wissen alle, dass eine Grundschullehrerin eben nicht auch noch das 34. Kind in einem viel zu kleinen Klassenraum individuell fördern, gemeinsam seine Stärken entwickeln und seine Lernfreude erhalten kann.

Aus dem Schuldienst scheiden immer mehr Lehrkräfte aus, die Zahl der Langzeiterkrankten steigt, und gleichzeitig drängen immer mehr Kinder an die Schulen.

Viele Jahre hat das Land bei den Einstellungen über Gebühr gespart, die neuen Stellen der vergangenen beiden Jahre reichen bei weitem nicht aus. Durch vermeintliche Sachzwänge und ein Abschieben der Verantwortung wird sehenden Auges ein hohes Gut geopfert: Menschen wird die Chance auf Arbeit und Zukunft genommen. (mz)