Lehrermangel in Sachsen-Anhalt Lehrermangel in Sachsen-Anhalt: 25 Prozent der neuen Lehrer sind Seiteneinsteiger

Magdeburg - Etwa ein Viertel aller neuen Lehrer, die ab Donnerstag zum neuen Schuljahr in Sachsen-Anhalt vor den Klassen stehen, gehen nach Schätzungen ohne spezialisiertes Lehramtsstudium in den Unterricht. Damit setzt Sachsen-Anhalt stärker als jemals zuvor auf Seiteneinsteiger, um den Lehrermangel im Land zu mildern. Die Seiteneinsteiger haben zwar Fächer studiert, die in der Schule unterrichtet werden. Das pädagogische Wissen erwerben sie nun aber zusätzlich.
Hintergrund: Sachsen-Anhalt sucht dringend Lehrer. Bereits vergangenes Jahr konnten einige Schulen den vorgesehenen Unterricht nicht komplett abdecken, viele arbeiteten am personellen Limit. Deshalb baut das Bildungsministerium unter Marco Tullner (CDU) nun zur Kompensation auf Seiteneinsteiger.
100 Seiteneinsteiger für Lehrämter in Sachsen-Anhalt
Etwa 100 beginnen im neuen Schuljahr. Nach internen Schätzungen des Ministeriums sind das rund ein Viertel aller Neueinstellungen zum Schuljahresbeginn. Ganz konkrete Zahlen gibt es zum Schulstart am Donnerstag - wenn klar ist, wie viele neue Lehrer tatsächlich ihren Job antreten. Klar ist: Es werden dann mindestens 275 Seiteneinsteiger als Lehrer aktiv in Sachsen-Anhalt sein.
Laut Bildungsministerium werden sie zwar in allen Schulformen eingesetzt, verstärkt kommen sie aber in Sekundar- und Gemeinschaftsschulen zum Einsatz. Dort liege der Schwerpunkt „in den Fächern Englisch, Biologie und Deutsch“, sagte Sprecher Stefan Thurmann der MZ. An den berufsbildenden Schulen kämen die Seiteneinsteiger vor allem aus dem Bereich Gesundheit. An den Grundschulen dominiere das Fach Deutsch, so Thurmann.
Forderungen, aufgrund des akuten Lehrermangels in Sachsen-Anhalt stärker auf Seiteneinsteiger zu setzen, gab es von Gewerkschaften sowie den Koalitionspartnern SPD und Grünen schon länger. Tullner hatte aber immer betont, Qualität gehe vor Quantität. In Sachsen - das um Lehrernachwuchs konkurriert - sieht dies anders aus: Dort machten Seiteneinsteiger zuletzt rund die Hälfte aller neuen Lehrer aus.
Zahl der Lehrer schrumpft dennoch
„In Sachsen-Anhalt ist der Anteil von Seiteneinsteigern in Bezug auf die Gesamtzahl der Lehrkräfte als sehr gering einzuschätzen“, sagte Thurmann. Priorität bei den Einstellungen hätten „schon aus fachlichen Gründen“ weiter regulär ausgebildete Lehrer. „Aber Sachsen-Anhalt wird sich den Veränderungen stellen müssen.“ Um pädagogischen Standards zu genügen, schreibt das Ministerium den Seiteneinsteigern unter anderem einen vierwöchigen Einführungskurs vor, der bereits zum Wochenstart begann.
Darin geht es etwa um Schulorganisation, Unterrichtsvorbereitung und den Umgang mit dem Lehrplan. Zudem gibt es Weiterbildungen während des Schuljahres. Für Interessierte, die mit einem Wechsel vor die Klasse als Seiteneinsteiger liebäugeln, hält das Ministerium einen Selbsttest im Internet bereit.
Um den Lehrermangel zu bekämpfen, will das Land investieren: In diesem Jahr und noch zu Beginn 2019 werden insgesamt 1.000 Stellen ausgeschrieben. Die Stellen sind nötig, um die Altersabgänge abzufangen. Allerdings prognostiziert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dass bei weitem nicht alle Stellen besetzt werden können. Stattdessen erwarten GEW und Linke nun unterm Strich 100 bis 200 Lehrer weniger vor den Klassen als im vergangenen Schuljahr. In der Folge werde sich wohl auch der Unterrichtsausfall erhöhen. (mz)
