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Anders als angekündigt Landtag Sachsen-Anhalt: Lischka will nun doch SPD-Chef bleiben

12.03.2017, 18:37

Halle (Saale) - Natürlich hat er gespürt, dass sich die Dinge drehen. Wer Burkhard Lischka in der vergangenen Woche sprach, merkte, dass sich eine Entscheidung andeutete. Wer soll im Januar 2018 die Führung der Landes-SPD übernehmen? Lischkas Antwort hatte nur auf den ersten Blick mit der anstehenden Bundestagswahl zu tun. „Ich kenne meine Partei. Die will jetzt Wahlkampf machen. Wenn ich jetzt käme und über den nächsten Vorsitzenden reden wollte, würden neun von zehn Mitgliedern sagen: Geh weg mit dem Quatsch.“

Die Partei, sollte das heißen, braucht keine Personaldebatte, sondern Kontinuität. Die hat sie jetzt bekommen. Am Sonnabendvormittag erklärte der Vorsitzende im Landesparteirat, dass er im Januar erneut kandidieren wird.

Er habe in der Situation nicht anders gekonnt, sagt Lischka. „Alle, die sich zu Wort gemeldet haben, haben mich gebeten, weiterzumachen. Irgendwann muss man Ja oder Nein sagen.“

Der 52-Jährige ist ein Meister in der Kunst, Ehrgeiz zu verstecken. Den Parteivorsitz habe er nie angestrebt, versicherte er bereits vor einem Jahr, als er sich nach der desaströsen Wahlniederlage ins Amt bitten ließ.

Wenn er erklärt, warum er den Posten eigentlich gar nicht haben will, hat er ein starkes Argument: Der Magdeburger Bundestagsabgeordnete hat bereits in Berlin ein mörderisches Arbeitspensum. Als innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion bestimmt er mit, wie der Staat auf rechtsextreme Gewalttaten, auf islamistischen Terror, auf die Ausspionierung durch ausländische Mächte reagiert. Zehn Gesetzentwürfe hat der Innen-Experte in den nächsten Wochen zu verhandeln. Hinzu kommen Termine in seinem Wahlkreis.

Wie kann so einer nebenbei noch seine schwer demoralisierte Partei aufrichten? „Das geht auf meine Gesundheit“, räumt er ein. Die Termine spult er jetzt im Stunden- oder Halbstundentakt ab. Zeit für Verschnaufpausen gibt es längst nicht mehr, allenfalls zum Rauchen seiner Menthol-Zigaretten. Und noch jemand zahlt den Preis: seine Familie. Am Freitagabend wollte Lischka mit seinem Sohn das FCM-Spiel besuchen, es war versprochen. Er hat es nicht geschafft.

Burkhard Lischka will Sachsen-Anhalts SPD-Chef bleiben und der Partei eine Personaldiskussion im Bundestagswahlkampf ersparen

Der aus dem Sauerland stammende Jurist reibt sich auf für seine Partei. Gleichzeitig verschafft ihm das Amt, für das er nun erneut antreten will, auch Rückendeckung in Berlin. In seinem Fachgebiet, der Innenpolitik, ist er die Nummer eins der SPD. Als Landesvorsitzender hat er jedoch darüber hinaus Gewicht. Wenn er denn wollte, könnte er sich zu jedem beliebigen Thema zu Wort melden.

Dass ihn gerade jetzt so viele Parteifreunde bekniet haben, doch bitte weiterzumachen, hat ein Anderer ausgelöst: SPD-Landesvize Markus Bauer. Mitte Dezember bewarb sich der Landrat des Salzlandkreises als Nachfolger von Lischka. Bauer wird von Parteifreunden als Kommunalpolitiker gelobt, hat aber nicht allzu viele Verbündete in der Parteispitze. Viele werfen ihm vor, er habe zur Unzeit eine Personaldebatte angezettelt.

Lischka kleidete das im Landesparteirat in eine maritime Metapher. „Wenn man Rückenwind hat, muss jeder in die Masten und Segel setzen. Da hockt man sich nicht in die Kombüse und streitet, wer Kapitän wird.“ Bauers Bewerbung wirkte so wie ein illoyaler Akt gegen den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Dabei war es ja Lischka, der mit seinem angekündigten Rückzug den Raum für Spekulationen geöffnet hatte.

Heute bezeichnet er das selbst als Fehler. „Dass ich nur eine Amtszeit machen wollte, das habe ich ehrlich gemeint“, sagt er. „Dadurch ist aber ein Vakuum entstanden, durch das die Partei jetzt in schweres Fahrwasser geraten könnte.“

Der düpierte Bauer, der wegen Terminen in seinem Landkreis nicht am Landesparteirat teilgenommen hatte, zog seine Bewerbung noch am Sonnabend zurück. Er nehme Lischkas Kandidatur mit Respekt zur Kenntnis, teilte er mit. „Jetzt ist es unsere gemeinsame Aufgabe, einen engagierten Bundestagswahlkampf zu führen.“

Sachsen-Anhalts CDU verspricht Lischka zweierlei: Einsatz für den Erhalt der Koalition - zugleich aber auch „dosierte“ Kritik, wenn es um Grundsätzliches geht. „Ein oder zweimal im Jahr wird das vorkommen.“ (mz)