Landesregierung sauer Landesregierung sauer: Massive Zugausfälle bei Abellio legt Norden Sachsen-Anhalts lahm
Magdeburg - Fehlstart bei Abellio: Eineinhalb Wochen nach der Übernahme von 16 weiteren Bahnstrecken in Sachsen-Anhalt fehlen dem privaten Zugbetreiber weiterhin Lokführer, und das trotz geliehenen Personals. „Die Leihkräfte, die wir haben, reichen im Moment nicht aus“, sagte Abellio-Sprecher Matthias Neumann am Dienstag. Täglich fehlten fünf bis zehn Mitarbeiter. Die Folge sind massive Zugausfälle vor allem im Norden des Landes. Für den Mittwoch hat die Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa die Abellio-Geschäftsführung zu einem Krisengespräch einbestellt.
Abellio, eine Tochter der niederländischen Staatsbahnen, hatte mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember den Betrieb im 900 Kilometer langen Dieselnetz aufgenommen, das nur mit dieselbetriebenen Zügen befahren werden kann. Um überhaupt starten zu können, hatte sich das Unternehmen 35 Lokführer geliehen, unter anderem vom ärgsten Konkurrenten, der Deutschen Bahn. Zwei Lehrgänge zur Ausbildung eigener Lokführer wurden nicht rechtzeitig fertig, sie laufen noch bis ins neue Jahr.
Nasa übt scharfe Kritik an Abellio
Diese Personalplanung hat sich nun als unzureichend erwiesen. Man habe die Bauarbeiten im Magdeburger Hauptbahnhof unterschätzt, räumte Unternehmenssprecher Neumann ein. Dort werden die Gleisanlagen komplett saniert; bis Mai 2019 stehen daher nur fünf von zehn Gleisen zur Verfügung. Wie alle anderen Zugbetreiber, muss deshalb auch Abellio den Einsatz von Zügen anders planen als bei einem Betrieb ohne Baustellen. Um alle Fahrten abdecken zu können, ist unterm Strich mehr Personal notwendig als von Abellio zunächst vorgesehen.
Nasa-Geschäftsführer Rüdiger Malter kritisierte das Unternehmen scharf für die verfehlte Planung: „Abellio hätte das wissen müssen“, sagte Malter, „das war unprofessionell.“ Das Unternehmen müsse sich bis Freitag schriftlich detailliert zu den Ursachen der Personalprobleme äußern und Lösungen aufzeigen. Die CDU-Fraktion im Landtag will auch den Verkehrsausschuss mit dem Thema befassen. Für die Kunden sei die Situation „mehr als unbefriedigend“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Frank Scheurell.
Strecken von Magdeburg und Stendal nach Wolfsburg besonders stark betroffen
Am stärksten betroffen von den Zugausfällen sind derzeit die Strecken von Magdeburg und Stendal nach Wolfsburg, die täglich von vielen VW-Mitarbeitern aus Sachsen-Anhalt genutzt werden. Malter zeigte sich verärgert: „Ich bin perplex, dass es gerade diese stark nachgefragten Verbindungen trifft.“ Dort gilt vorerst bis Freitag ein Ersatzfahrplan, wonach mehrere Züge durch Busse ersetzt werden. Dies trifft auch auf die Linien Halle-Bernburg-Magdeburg und Dessau-Güsten zu. „Wir gehen davon aus, dass sich die Zugausfälle bis in den Januar hinziehen“, sagte Abellio-Sprecher Neumann. Weitere Ersatzfahrpläne für die Zeit nach Weihnachten seien bereits in Arbeit. An den Feiertagen würden sich die Ausfälle aber „voraussichtlich“ in Grenzen halten.
Unterdessen ist der Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn noch nicht ausgestanden. Während sich der Konzern mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mittlerweile auf einen Tarifvertrag geeinigt hat, sind die Verhandlungen zwischen der Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL vorerst gescheitert. „Wir warten auf ein neues Angebot des Arbeitgebers“, sagte eine GDL-Sprecherin am Dienstag. Sie kündigte an, dass bis zum Jahresende nicht gestreikt werde. Was danach passiere, hänge von dem neuen Angebot ab. (mz)