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Landesrechnungshof  Landesrechnungshof : Ziele der Kenia-Koalition nur mit Kompromissen realisierbar

Von Jan Schumann 27.05.2016, 16:57
Kay Barthel erwartet finanziell schwierige Zeiten für das Land.
Kay Barthel erwartet finanziell schwierige Zeiten für das Land. dpa

Magdeburg - Das ging schnell. „Die finanziellen Spielräume, die die Landesregierung hatte, sind nun genutzt“, sagte Kay Barthel (CDU), Präsident des Landesrechnungshofes. Der Rest der Legislatur werde - so seine Prognose - ein finanzieller „Stresstest“. Es war vor allem diese eine Nachricht, die der oberste Finanzkontrolleur bei der Vorstellung des Jahresberichts 2015 an die neue Regierung hatte: Sachsen-Anhalts Finanzpolitik stehe trotz zuletzt solider Jahre „am Scheideweg“. Laut Barthel wird sich das auch auf die kostspieligen Pläne der neuen Koalition aus CDU, SPD und Grünen auswirken - und zwar deutlich.

Sparen, um Lücken zu schließen

Zwar sei das Land in den vergangenen fünf Jahren ohne neue Schulden ausgekommen, es habe sogar tilgen können. Doch der Wind wird sich drehen, sagt Barthel. Noch im vergangenen Jahr baute das Land rund 100 Millionen Euro seines etwa 20-Milliarden-Defizits ab, das waren 25 Millionen mehr als kalkuliert. Doch weil in Zukunft wichtige Gelder wegfallen werden - etwa vom Bund und aus Europäischen Fonds - klaffe ab 2017 im Land eine riesige Lücke zwischen Einnahmen und Kosten. Laut Kalkulation des Rechnungshofes wächst die Lücke im Jahr 2020 auf 765 Millionen Euro an. „Handlungsbedarf“ nennt das der Fachmann, und meint: Um keine neuen Schulden zu machen, müssen im Haushalt Stellen zum Sparen und Streichen gesucht werden. Finanzminister André Schröder betont, die schwarze Null bleibe das Maß aller Dinge. Auch für die neue Koalition gilt das Credo, dass sie keine neuen Schulden machen will.

Ziele nicht ohne Einsparungen machbar

Dennoch hat die neue Koalition große Erwartungen geweckt. Sie will neue Lehrer und Polizisten einstellen und die Kommunen mit mehr Geld versorgen. Laut Barthel werden diese neuen Prioritäten nicht ohne erhebliche Einsparungen finanzierbar sein. Zumindest nicht dann, „wenn man ernsthaft am Verzicht auf neue Schulden und am Abbau des strukturellen Defizits festhalten will“. Laut dem Finanzkontrolleur gebe es in einem Zehn-Milliarden-Haushalt „immer genug Spielraum zu sparen“ - es sei freilich nicht Aufgabe des Rechnungshofes, diese zu finden.

Mit Stirnrunzeln schauen die Finanzexperten in diesen Tagen auch auf die Kompromisslösung, die die neue Koalition aus CDU, SPD und Grünen zur Entschärfung steigender Kita-Gebühren im Land gefunden haben. 65 Millionen Euro will Schwarz-Rot-Grün ab dem Herbst zusätzlich bereitstellen, um die Kommunen zu entlasten - davon sollen 21 Millionen fließen, um die Eltern bei steigenden Kitaplatz-Kosten zu entlasten. Allerdings: Das „Entlastungssignal“, das die Koalition verspreche, sei nicht die ganze Wahrheit, so Barthel.

Denn die steigenden Kosten seien von der Regierung zum Teil durch einen neuen Tarifabschluss für Kita-Betreuerinnen begründet worden. „Bei den freien Trägern trifft dies allerdings nicht zu“, so Barthel. Profitieren würden sie allerdings vom 21-Millionen-Paket. Der Effekt: Zum Teil würden „Lasten ausgeglichen, die gar nicht vorhanden sind“, was zwar zu einer Erleichterung für die freien Träger führe, aber nicht zur gewollten Entlastung der Kommunen, so Barthel. In der kommenden Woche werden die Gesetzesvorschläge für das geplante Finanzpaket in den Landtag eingebracht.

Konstruktionsproblem Kita

Barthel sagte, die steigenden Kita-Gebühren - zum Teil stehen in den Kommunen 400 Euro pro Kind im Monat zur Debatte - seien viel mehr ein „Konstruktionsproblem“, das es in Zukunft zu bearbeiten gelte. „Vor allem dann, wenn scheinbar mit jeder Million, die fließt, die Elternbeiträge steigen“, sagte Barthel. Es sei nicht erklärbar, dass in einem vergleichsweise kleinem Bundesland die Unterschiede zwischen den Beiträgen teils Hunderte Euro betragen. Dennoch: „Wir teilen den Befund, dass Kommunen unterfinanziert sind.“ (mz)