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Kritik an SparkursKritik an Sparkurs: Krankenschein statt Uniform bei der Polizei

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Landespolizisten fehlen immer häufiger wegen Krankheit im Dienst. Laut Landes-Innenministerium stieg die Krankenstandquote  2016 auf 9,5 Prozent.  Nach Zahlen der Techniker Krankenkasse ist sie damit  mehr als doppelt so hoch wie der Bundesschnitt (4,2 Prozent). Vor zehn Jahren lag  die Krankheitsquote der Vollzugsbeamten noch bei  7,5 Prozent, 2011 bei  8,1 Prozent. Im Schnitt  nimmt jeder Polizist im Land 34,8 Fehltage in ...

Von Jan Schumann 14.06.2017, 00:00

Sachsen-Anhalts Landespolizisten fehlen immer häufiger wegen Krankheit im Dienst. Laut Landes-Innenministerium stieg die Krankenstandquote  2016 auf 9,5 Prozent.  Nach Zahlen der Techniker Krankenkasse ist sie damit  mehr als doppelt so hoch wie der Bundesschnitt (4,2 Prozent). Vor zehn Jahren lag  die Krankheitsquote der Vollzugsbeamten noch bei  7,5 Prozent, 2011 bei  8,1 Prozent. Im Schnitt  nimmt jeder Polizist im Land 34,8 Fehltage in Anspruch.

Als Grund für den Anstieg  sieht die  Gewerkschaft der Polizei (GdP)  vor allem den stressigen,  unregelmäßigen Schichtdienst in den Revieren. „Wir haben dort keinen festen Schichtrhythmus mehr“, so  GdP-Landeschef Uwe Petermann.  Zu häufig müssten Polizisten innerhalb einer Woche sowohl  Früh- als auch  Spätschichten übernehmen. Die  Kollegen seien  überlastet, so Petermann. In einigen Revieren liege die Krankenquote gar bei 15 oder gar 20 Prozent.

Grundursache sei der Personalmangel, dessen Bekämpfung sich die  Regierung aus CDU, SPD und Grünen in den Koalitionsvertrag geschrieben hat: Von 2006 bis 2017 sank die Zahl der Polizisten im Land von 7 600 auf 5 800. Die Koalition will die Trendwende: Bis zum Jahr  2021 sollen es wieder 6 400 Einsatzkräfte sein.
Am häufigsten litten krankgeschriebene Polizisten an  Muskel- und Haltungsschäden, so Petermann. Laut einer langfristigen Untersuchung für den Polizei-Gesundheitsbericht  machten diese Erkrankungen 2012  rund 26 Prozent aus - es seien „typische Bürokrankheiten“, so Petermann. „Das ist allerdings nicht polizeispezifisch, das betrifft alle Berufsgruppen, die am Schreibtisch sitzen.“  Mit  elf  Prozent fielen psychische Erkrankungen ins Gewicht. „Es ist davon auszugehen, dass dieser Bereich mit der Überlastung mittlerweile gestiegen ist“, sagte Petermann. Zehn Prozent der Krankheitsfälle resultieren aus Verletzungen, etwa nach Angriffen auf Streife.

Polizei in Sachsen-Anhalt: viele Überstunden

Die AfD im Landtag verknüpft die steigende Krankheitsquote mit gehäuften Überstunden:   2016 entsprachen die geleisteten Überstunden der  Arbeit von  164 Vollzeitkräften, so das Innenministerium.  „Seit Jahren hat die Landesregierung die Polizei auf Verschleiß gefahren“, sagte Hagen Kohl (AfD), Chef des Innenausschusses im Landtag.  Polizisten müssten  von Verwaltungs- und technischen Aufgaben  entbunden und für den Vollzug losgelöst werden. „Das betrifft hunderte Stellen“, so Kohl. „Natürlich müssen die Verwaltungsposten neu besetzt werden. Ohne Geld in die Hand zu nehmen, funktioniert das nicht.“  Die Linke hält den Vorschlag für nicht  praktikabel, sieht kaum Spielraum für abzugebende Aufgaben.

Sachsen-Anhalts  Polizisten waren  vor allem 2015 und 2016 großer Belastung ausgesetzt,  unter anderem durch  Sicherheits-Fußballspiele,  vermehrte Demonstrationen und die Bewältigung des Flüchtlingszuzugs. Beim hohen Krankenstand sind Sachsen-Anhalts Polizisten unter Berufskollegen nicht allein.

In Sachsen stieg die Quote in zehn Jahren  von 6,8 auf fast neun Prozent. In Berlin liegt sie bei  zwölf Prozent. GdP-Chef Petermann fordert  einen neuen   Umgang mit Gesundheitsrisiken des Jobs. So solle der vor Jahren eingerichtete Landesarbeitskreis Gesundheit „wieder arbeitsfähig werden“ und Fitnessprogramme gefördert werden. Petermann fordert zudem eine Anpassung der Schichtsysteme.  (mz)