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Jagdschein statt Plenarsaal Kommentar zu geschwänzten Bundestagssitzungen: Dieser Makel bleibt hängen

Der Fall des Magdeburger CDU-Abgeordneten Tino Sorge schadet dem Ansehen des Parlaments insgesamt.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 20.01.2022, 20:16
Der Parlamentarier Tino Sorge am Rednerpult des Bundestags.
Der Parlamentarier Tino Sorge am Rednerpult des Bundestags. Foto: imago images/Political-Moments

Den Jagdschein zu erwerben ist keine einfache Aufgabe. Schon ein kleiner Fehler in der Prüfung bedeutet das Aus – nicht umsonst ist vom „grünen Abitur“ die Rede. Der Magdeburger Bundestagsabgeordnete Tino Sorge hat die Prüfung bestanden, wozu ihm zu gratulieren ist. Der CDU-Politiker wird dafür einiges an Zeit und Energie investiert haben. Allerdings hat er darüber eine weitaus wichtigere Aufgabe vernachlässigt: die Vertretung des deutschen Volkes. Dafür wurde er nämlich gewählt.

Mehrere Sitzungstage hat Sorge versäumt, um seinen Jagdkurs zu absolvieren. Er hat damit private Interessen über das Mandat gestellt. Selbst wenn die Terminkollision durch eine Verschiebung des Lehrgangs entstanden ist: Wer sich bei einer Plenarsitzung entschuldigt, um seinem Hobby nachzugehen, offenbart ein schlechtes Urteilsvermögen.

Dieser Makel wird an Sorge hängenbleiben. Die Fraktionskollegen, auch die Abgeordneten der anderen Fraktionen werden in ihm ab sofort nicht nur den eloquenten und angesehenen Gesundheitspolitiker sehen, sondern auch den Drückeberger, der gelegentlich mal alle Fünfe gerade sein lässt.

Schaden ist aber auch für das Ansehen des Parlaments insgesamt entstanden. Denn die Vorstellung, dass sich Abgeordnete für eine monatliche Diät von 10.000 Euro ein fröhliches Leben machen, ist weit verbreitet. Um es klar zu sagen: Es gibt solche Fälle, aber die große Mehrheit absolviert ein straffes Arbeitspensum und hat einen klaren moralischen Kompass. Sie alle leiden unter dem Fehlverhalten einiger. Sie müssen im Wahlkreis die scheelen Blicke und schalen Witzchen erdulden.

Im Parlament die Interessen des Souveräns zu vertreten ist eine Ehre und Verpflichtung. Das muss jeder Politiker jederzeit wissen.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]