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Aktivisten attackieren Museen Klimaprotest mit Kartoffelbrei - Sachsen-Anhalt prüft Sicherheit für Kunstwerke

Sie werfen Kartoffelbrei, kleben sich an die „Sixtinische Madonna“: Wegen radikaler Klimaaktivisten prüft Sachsen-Anhalt neue Sicherheitsmaßnahmen in Kunstmuseen.

Von Jan Schumann, Denny Kleindienst und Oliver Müller-Lorey Aktualisiert: 01.11.2022, 19:39
Kartoffelbrei-Anschlag auf den „Getreideschober“ von Claude Monet: Klimaaktivisten protestieren in Potsdam.
Kartoffelbrei-Anschlag auf den „Getreideschober“ von Claude Monet: Klimaaktivisten protestieren in Potsdam. (Foto: dpa)

Magdeburg/Halle/MZ - Nach Kartoffelbrei- und Klebeattacken auf weltberühmte Kunstwerke prüft Sachsen-Anhalt neue Sicherheitsvorkehrungen gegen radikale Klimaaktivisten. „Kunst im Namen des Klimaschutz zu beschädigen, ist der falsche Weg“, sagte Kulturminister Rainer Robra (CDU) der MZ. „Die vorsätzlichen Angriffe auf Kunstwerke sind in keiner Weise nachvollziehbar und werden strikt abgelehnt, denn sie stellen eine unnötige und unverhältnismäßige Gefahr für den Schutz unserer Kulturgüter dar.“

Sachsen-Anhalt reagiert damit auf eine Reihe von Anschlägen radikaler Klimaaktivisten auf Kunst in Europa. In Potsdam hatte die Protestgruppe „Letzte Generation“ ein Gemälde von Claude Monet mit Kartoffelbrei beschmiert, in Dresden klebten sich Aktivisten am Rahmen der „Sixtinischen Madonna“ fest. Und die Attacken betrafen nicht allein die Bundesrepublik: In London landete eine Büchse Tomatensoße auf einem Van-Gogh-Bild, in Den Haag klebten sich Klimaaktivisten an das weltberühmte „Mädchen mit dem Perlenohrring“.

12.000 Euro Schaden allein in Dresden

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Dank Schutzglas blieben die attackierten Kunstwerke sauber, anders als ihre Rahmen. Allein in Dresden liege der Schaden bei bis zu 12.000 Euro, rechnen die Staatlichen Kunstsammlungen - inbegriffen sind die Rahmenrestaurierung der „Sixtinischen Madonna“ und die Einnahmeverluste durch die nötige Museumsschließung.

Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU).
Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU).
(Foto: picture alliance/dpa)

Mit den Aktionen der vergangenen Wochen wollen die Aktivisten auf Fehler in der Klimapolitik aufmerksam machen. In Deutschland sorgen sich Verantwortliche derweil aber um den Schutz wertvoller, teils historischer Kunstwerke. Staatsminister Robra sagte der MZ: „In Abstimmung mit dem Museumsverband wird geprüft, ob und welche adäquaten Maßnahmen ergriffen werden können, um Sicherung und Zugänglichkeit unseres kulturellen Erbes gleichermaßen zu gewährleisten.“ In dem Landesverband sind renommierte Häuser wie das Kunstmuseum Moritzburg in Halle und das Schloss Wernigerode vertreten.

Keine Rucksäcke mehr in der Moritzburg

In Halle reagiert die Kunstszene bereits: Die Moritzburg bestätigte der MZ am Dienstag, dass Besucher ab sofort nur noch ohne Rucksäcke, Taschen und Beutel in Ausstellungsräume eintreten dürften. Das Gepäck müsse am Eingang abgegeben werden - so will die Museumsleitung verhindern, dass womöglich Lebensmitteldosen und andere Behälter in die Ausstellungsräume geschmuggelt werden.

Die verschärften Maßnahmen sind eine direkte Reaktion auf jüngste Kartoffelbrei- und Tomatenschlägen in Europa. Denn: Normalerweise erlaubt die Moritzburg durchaus Taschen im A4-Format. Die neue Vorsichtsmaßnahme solle zunächst für die kommenden Wochen gelten. Das Museum zeigt unter anderem Werke von Gustav Klimt, Emil Nolde und Lionel Feininger.

Klimaaktivisten müssen mit Konsequenzen rechnen

Fakt ist: In Museen wie der Moritzburg stehen viele Exponate nicht hinter Glas. „Das ist erstmal ein wahnsinniger finanzieller Aufwand“, sagte Moritzburg-Direktor Thomas Bauer Friedrich dem MDR. Zudem schmälere die Verglasung den ästhetischen Genuss.

Auch das Bauhaus-Museum in Dessau-Roßlau habe sein Sicherheitskonzept seit dem Vorfall in Dresden „überprüft und angepasst“, sagte eine Sprecherin der MZ am Dienstag. „Ins Detail können wir nicht gehen. Aber unter anderem ist unser Wachschutz sensibilisiert.“ Sie betonte: „Die Vorfälle häufen sich, wir müssen also gewappnet sein. Unsere Aufgabe ist es schließlich, das Kunstgut zu bewahren und zu schützen.“

FDP-Politiker fordert harte Strafen

In Fällen wie in Dresden müssen übergriffige Klimaaktivisten indes mit juristischen Konsequenzen rechnen. In Sachen „Sixtinische Madonna“ seien eine Strafanzeige und eine Zivilklage in Arbeit, erklärten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden vor Tagen. Derweil fordert Sachsen-Anhalts FDP, auch der Landtag müsse sich gezielt um den Schutz bedeutender Kunstwerke bemühen. „Vor einigen Jahren waren illegale Aktionen dieser Art eine Ausnahme“, so Fraktionschef Andreas Silbersack. „Doch es ist erschreckend, dass sie aktuell offenbar zu einem Trend werden.“

Er teile den Unmut über die Aktionen – es gebe genug Möglichkeiten, eine bessere Klimapolitik einzufordern. „Alles andere ist kriminell und muss mit harter Hand bestraft werden“, so Silbersack.