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Grundsteuer Sachsen-Anhalt Hallenserin rechnet nach - große Grundsteuer-Ersparnis durch Bayern-Modell

Jedes Bundesland durfte sein Grundsteuermodell selber wählen. Sachsen-Anhalt hat sich, wie die meisten anderen Länder, für das vom Bund vorgeschlagene Modell entschieden. Das führt bei Eigentümern wohl zu hunderten Euro Mehrkosten.

Von Julius Lukas Aktualisiert: 20.02.2023, 08:25
Etwa 90 Prozent der Eigentümer in Sachsen-Anhalt hatten ihre Grundsteuer bis zum 31. Januar abgegeben.
Etwa 90 Prozent der Eigentümer in Sachsen-Anhalt hatten ihre Grundsteuer bis zum 31. Januar abgegeben. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Halle (Saale)/MZ - Der Grundsteuer-Ärger ist bei Ingrid Schumann groß - nicht zum ersten Mal. Denn sie fühlt sich vom Land Sachsen-Anhalt über den Tisch gezogen. „Uns Ossis wollen sie mal wieder die Taschen leeren“, meint die Seniorin aus Halle. Der Anlass ihres erneuten Unmuts sind die unterschiedlichen Modelle, die die Bundesländer bei der Berechnung der Grundsteuer verwenden. Sachsen-Anhalt hat - wie bis auf Sachsen alle anderen ostdeutschen Länder auch - das vom Bund vorgeschlagene Modell übernommen. Bayern hingegen entwickelte eine eigene Herangehensweise - und mit der würden Hausbesitzer wie Ingrid Schumann finanziell wohl deutlich besser wegkommen.

Zum ersten Mal kochte die Wut bei der Seniorin aus Halle bereits hoch, als sie im Dezember ihre beiden Grundsteuerbescheide (Messbetrag und Wert) vom Finanzamt bekam. Daraus ging hervor, dass sie bei gleichbleibendem Hebesatz in Halle eine fast sechsfach so hohe Grundsteuer zahlen müsste wie bisher. Ab 2025 wären es 766,95 Euro statt derzeit 134,50 Euro pro Jahr. „Da war ich schon geschockt“, sagte sie damals der MZ.

Grundsteuer-Modelle: Bayern nutzt Flächenverfahren

Allerdings animierte dieser Schock die studierte Ökonomin auch, zum Thema Grundsteuer zu recherchieren. Dabei stieß sie auch auf das bayerische Modell. Während das Bundesmodell ein Ertragswertverfahren ist, handelt es sich beim Konzept des Freistaates um ein Flächenmodell. Das ist deutlich einfacher und umgeht zudem umstrittene Rechengrößen wie den Bodenrichtwert und die Gebäuderestnutzungsdauer. Die Grundsteuer wird einzig über Grundstücks- sowie Wohnfläche bestimmt. Während beim Bundesmodell zwei Seiten Berechnungen notwendig sind, braucht man beim Bayernmodell vier Zeilen. „Da frag ich mich doch, warum das nicht auch bei uns genutzt wird“, meint Ingrid Schumann.

Zumal hinzu kommt, dass die mit dem Bayern-Modell errechneten Grundsteuerbeträge bei weitem nicht so weit von den aktuellen Werten entfernt sind. Ingrid Schumann rechnete für ihr Haus in Halle nach und kam auf einen Grundsteuermessbetrag von 89 Euro. Multipliziert mit dem Hebesatz in Halle, der bei 500 Prozent liegt, sind das 445 Euro pro Jahr. Das ist zwar auch deutlich mehr als die bisherigen 134,50 Euro, aber eben auch deutlich weniger als die 766,95 Euro die - Stand jetzt - ab 2025 auf sie zukommen.

Hebesätze für Grundsteuer werden final 2024 festgelegt

Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich auch bei der Wohnung eines Lesers in Merseburg, zu der der MZ alle Unterlagen vorliegen. Aktuell liegt die jährliche Grundsteuer dort bei 33,66 Euro. Gerechnet nach dem von Sachsen-Anhalt genutzten Bundesmodell sind es künftig 98,75 Euro. Beim Bayermodell wären es 67,57 Euro. Zu beachten gilt natürlich, dass die Hebesätze für 2025 erst 2024 final von Städten und Gemeinden festgelegt werden. Dass es flächendeckend zu einer Erhöhung der Grundsteuer kommen könnte, hatte der Städte- und Gemeindebund mit Blick auf die schlechte kommunale Finanzlage bereits als wahrscheinlich beschrieben.

Die Entscheidung für das Bundesmodell erklärt das Landesfinanzministerium damit, dass dieses „grundsätzlich für Sachsen-Anhalt geeignet“ sei, weswegen es „keiner abweichenden landesrechtlichen Regelungen“ bedürfe. Zudem wäre ein eigenes Modell mit „erheblichen Risiken bei der zeitlichen, organisatorischen und automationstechnischen Umsetzung“ verbunden gewesen. Etwas in die Quere kam dabei die Landtagswahl im Juni 2021. Ein anderes Modell hätte, damit es zum Start der neuen Grundsteuerberechnung 2022 wirksam werden kann, schon vor der Wahl durch das Gesetzgebungsverfahren durch sein müssen - dafür sei die Zeit aber zu knapp gewesen. Die Übernahme des Bayern-Modells war ebenso nicht möglich, da das erst im Dezember 2021 gesetzlich fixiert wurde.

Wegen Grundsteuer-Ärger vor das Verfassungsgericht

Ingrid Schumann überzeugt diese Argumentation des Ministeriums nicht. Sie fühlt sich nach wie vor ungerecht behandelt. „Die neue Grundsteuer sollte mehr Gleichheit bringen“, sagt sie. Das allerdings geschehe, auch durch die unterschiedlichen Modelle, nicht. „Deswegen werde ich vor dem Bundesverfassungsgericht klagen“, sagt Schumann.