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Gutachten-Affäre Gutachten-Affäre: Landes-Finanzministerium entlastet Wirtschaftsminister Jörg Felgner

Von Kai Gauselmann 15.09.2016, 18:24
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD)
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) dpa-Zentralbild

Magdeburg - In der Gutachten-Affäre hat das Landes-Finanzministerium überraschend Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) entlastet. In einer Stellungnahme an den Landesrechnungshof weist Finanzstaatssekretär Klaus Klang (CDU) die Kritik zurück, dass die Praxis des Ministeriums nicht rechtens gewesen sei. Der Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages über 6,3 Millionen Euro durch den damaligen Staatssekretär Felgner stelle „keinen haushaltsrechtlichen Verstoß“ dar. „Das Budgetrecht des Parlaments wurde nicht unterlaufen“, formuliert Klang in dem Schreiben, das der MZ vorliegt.

Der Rechnungshof hatte moniert, dass das Finanzministerium 2013 unter dem damaligen Minister Jens Bullerjahn (SPD) am Parlament vorbei millionenschwere Beraterverträge geschlossen habe. Felgner hatte dazu den Grundvertrag unterschrieben, auf dessen Basis dann die Investitionsbank die Beratung ausgeschrieben hat.

„Regelungslücken und Auslegungsspielräume“

Insgesamt geht es um ein Volumen von 6,3 Millionen Euro bis 2020 - das hallesches Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) sollte mit mehr als vier Millionen Euro profitieren. Eigentlich muss bei Beraterverträgen ab 20 000 Euro der Finanzausschuss des Parlaments befasst sein. Finanzminister André Schröder (CDU) hatte sich nach Bekanntwerden der Rechnungshofkritik von dem Vertrag distanziert. „Ich hätte den Vertrag damals so nicht unterzeichnet“, hatte Schröder der MZ gesagt.

Sein Staatssekretär Klang bringt die verschiedenen Positionen jetzt so zusammen: „Im Ergebnis hat sich das Finanzministerium seinerzeit politisch kritikwürdig, rechtlich gesehen jedoch korrekt verhalten.“ Ähnlich hatte sich Felgner selbst auch gerechtfertigt. Laut Klang habe es bei den Vorgaben zu Beraterverträgen „Regelungslücken und Auslegungsspielräume“ gegeben.

Der Finanzstaatssekretär weist in seinem Schreiben auch darauf hin, dass die Summe von 6,3 Millionen gar nicht feststehe, es handele sich dabei um eine „Kostenerstattungsobergrenze, die aber keineswegs ausgeschöpft werden muss oder soll“. Der Vertrag werde 2017 auf den „deutlich reduzierten Bedarf angepasst und später möglicherweise sogar ganz gekündigt“.

Bisher stand in der öffentlichen Debatte hauptsächlich die Vergabe-Praxis des Finanzministeriums im Fokus. Der Landesrechnungshof unter Präsident Kay Barthel hat für den Zeitraum von 2010 bis 2013 aber offenbar noch viel mehr zu kritisierende Verträge gefunden. Über Beraterverträge muss schon ab 5.000 Euro die Runde der Staatssekretäre unterrichtet werden. Außerdem müssen die Verträge in einer Gutachter-Datenbank der Staatskanzlei eingetragen werden.

Die Landesregierung soll in dem betreffenden Zeitraum in 14 Fällen gegen diese Regelungen verstoßen haben. Allein sechs Verträge davon sollen auf das von CDU-Landeschef Thomas Webel geführte Verkehrsministerium entfallen. Der Rechnungshof wird vermutlich im Oktober seinen Jahresbericht mit Details zu den Beraterverträgen vorlegen. (mz)