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Grundsteuer verfassungswidrig Grundsteuer verfassungswidrig: Auch Mieter betroffen: Wie teuer wird Wohnen in Region?

Von Jan Schumann 10.04.2018, 19:33
Bemessung der Grundsteuer für Immobilien ist verfassungswidrig
Bemessung der Grundsteuer für Immobilien ist verfassungswidrig imago stock&people

Magdeburg - Dieses Gerichtsurteil trifft Hauseigentümer und Mieter in Deutschland und setzt eine millionenschwere Reform in Gang: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die bisherige Praxis der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt.

Gezahlt wird sie von Immobilienbesitzern und über die Nebenkosten auch von Mietern - es geht um sehr viel Geld: Jährlich fließen so 14 Milliarden Euro an deutsche Städte und Gemeinden. Mit dem Urteil beginnt eine tiefgreifende Reform, die letztlich in höheren Wohnpreisen münden könnte.

Grundsteuer: In Ostdeutschland wird mit Daten von 1935 gerechnet

Umstritten ist die Grundsteuer schon lange, da sie auf einer völlig veralteten Rechengrundlage, den Einheitswerten, basiert: In Ostdeutschland wird mit Daten von 1935 gerechnet, in Westdeutschland von 1964. In der Steuerpraxis heißt das, dass die alten Rechendaten mit den heutigen Grundstücks- und Gebäudewerten nicht mehr viel zu tun haben.

So werden Häuser in früheren Arbeitervierteln weiter nach dem Dreißiger-Jahre-Wert berechnet. Selbst wenn sie sich längst zu exklusiven Luxus-Viertel gemausert haben.

Am Dienstag erteilten die Richter Regierung und Bundestag den Auftrag, bis 2019 ein neues Gesetz zu schaffen. Im Anschluss soll eine Übergangsfrist bis 2024 gelten. Das heißt, die Verwaltungen müssen 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewerten - jedes einzeln. Im Gegensatz zur nun kassierten Rechenmechanik soll dann der aktuelle Zustand der Hauses in die Grundsteuer einfließen. Je nach Neubewertung sind damit auch Preissteigerungen denkbar.

Nicht nur Verbraucher, auch den Staat trifft die Reform. Denn die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Kommunen. In Sachsen-Anhalt flossen 2017 rund 258 Millionen Euro an Städte und Gemeinden. Landes-Finanzminister André Schröder (CDU) mahnte: „Für die Umsetzung des Urteils gilt: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“

Grundsteuer-Einkommen soll für den Staat nicht steigen

Die Finanzminister haben ein Reformmodell im Blick, das einen Spagat zwischen Verbraucher-Gerechtigkeit und Sicherheit für den Staat schaffen soll: In das „Kostenwertmodell“ soll sowohl der aktuelle Boden- als auch Häuserwert in die Steuerberechnungen einfließen, das System also gerechter werden.

Insgesamt soll das Grundsteuer-Einkommen für den Staat nicht steigen, sagte Schröder. Für einzelne Verbraucher könnte es dennoch teurer werden: Denn auch wenn der Staat in der Gesamtsumme nicht mehr einnimmt, kann es mit den Neuberechnungen Gewinner und Verlierer der anstehenden Grundsteuer-Reform geben.

Aufmerksam verfolgen nun Interessenverbände die Debatte. Der Eigentümer-Verband Haus und Grund mahnte die Bundesregierung, das Versprechen einzuhalten, die Steuerlast nicht zu erhöhen. Landespräsident Holger Neumann sagte über die Pläne der Finanzminister: „Die Kommunen wären mit diesem Modell in der Lage, die Grundsteuer hoch- und runterzuregeln.“ So sei eine Reform möglich ohne explodierende Wohnpreise.

Auch der Städte- und Gemeindebund sieht in der kurzen Übergangszeit eine große Herausforderungen für die Finanzverwaltungen. „Sie müssen sich jetzt sputen und die Grundstücke neu bewerten“, so Landesgeschäftsführer Jürgen Leindecker. „Das muss jetzt einigermaßen schnell passieren, damit Städte- und Gemeinden Rechtssicherheit bei der Erhebung der Steuer haben.“ Der Deutsche Städtetag forderte zügige Zusagen für mögliche Ausfallzahlungen, sollte die Reform nicht fristgemäß umgesetzt werden. (mz)