Selbstversorgung mit grüner Energie Großer Solarpark soll Strom für Chemieindustrie in Leuna liefern
Die Chemiepark-Gesellschaft Infra-Leuna will einen 45-Megawatt-Solarpark bauen. Auch andere Großunternehmen in Sachsen-Anhalt wollen sich selbst mit Ökostrom-Versorgen.

Halle/MZ - Größere Industrieunternehmen aus Sachsen-Anhalt wollen sich stärker selbst mit grüner Energie versorgen. Die Chemieparkgesellschaft Infra-Leuna plant auf einer großen Hochhalde am Standort den Baun eines Solarparks mit einer Leistung von 45 Megawatt. Es sei das bisher „größte derartige Projekt in der deutschen Chemieindustrie“, sagte Infra-Leuna-Geschäftsführer Christof Günther im MZ-Gespräch. Die Chemie-Unternehmen am Standort würden zunehmend Öko-Strom nachfragen. „Wer grüne Produkte erzeugen will, benötigt auch grünen Strom“, so Günther weiter.
Bereits Anfang des Jahres kündigte der Landwirtschaftsbetrieb AVG Mücheln an, einen Solarpark für die Chemieindustrie in Leuna bauen zu wollen. So planen beispielsweise die Total-Energies-Raffinerie und Linde mit dem grünen Strom Wasserstoff herzustellen - ein Ausgangsstoff für Chemie- und auch Kraftstoffprodukte. Beide Projekte zusammen dürften nach MZ-Recherchen knapp einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Mit den Investitionen kann aber nur ein kleiner Teil der benötigten Energie abgedeckt werden. Denn der Standort hat einen Strombedarf, der dem von 60 Prozent aller Haushalte in Sachsen-Anhalt entspricht.
Solarstrom vom eigenen Dach ist billiger als vom Versorger
Auch der Autozulieferer Novelis will in seinem Werk in Nachterstedt (Salzlandkreis) den CO2-Fußabdruck verkleinern. Der Konzern plant einen 50-Megawatt-Solarpark. Zur Einordnung: Das große Braunkohle-Kraftwerk Schkopau (Saalekreis) besitz eine Leistung von 900 Megawatt, die auch rund im die Uhr zur Verfügung steht. In einer ersten Ausbaustufe sollen bei Novelis Anlagen mit einer Leistung von 15 Megawatt errichtet werden. „Damit könnten wir 20 Prozent des Aluminiumwerkes mit Strom versorgen“, sagte Werkleiter Dirk Nörthemann zuletzt. Novelis beliefert zahlreiche Auto-Hersteller mit Aluminium-Walzprodukten.
Wir können damit etwa ein Drittel unseres Strombedarfs decken.
Steffen Enders, Werkleiter von Greatview
Eine erste Investition abgeschlossen hat bereits der Verpackungshersteller Greatview: Auf das Dach des Werks im halleschen Star-Park hat das Unternehmen Solarmodule montieren lassen. Im April soll die Anlage in Betrieb genommen werden. „Wir können damit bereits etwa ein Drittel unseres Strombedarfs decken“, sagt Werkleiter Steffen Enders. Weitere Solarprojekte seien geplant. Das Unternehmen stellt unter anderem Milchverpackungen her. Diese sollen künftig aus recycelbaren Materialien und mit Grünstrom hergestellt werden. Entscheidend für die Investition ist laut Enders jedoch auch der finanzielle Aspekt gewesen: „Für uns ist es inzwischen deutlich günstiger, Solarstrom zu produzieren als Strom einzukaufen“, sagt Enders. Die Kosten des Ökostroms würden unter sechs Cent je Kilowattstunde liegen. Die Kosten für zugekauften Industriestrom hätten sich von sechs auf aktuell 20 Cent je Kilowattstunde erhöht.
Viel Ökostrom bereitet im Stromnetz aber auch Probleme
Der Ausbau der erneuerbaren Energien bringt jedoch auch neue Probleme: Der Netzbetreiber Mitnetz-Strom teilte am Freitag mit, dass er im Vorjahr in Mitteldeutschland 457 Mal Wind- und Solaranlagen abschalten musste, um Netzüberlastungen zu vermeiden. Im Vorjahr waren es 308 solcher Notabschaltungen. Der Grund: Es ist regional mehr Ökostrom im Netz als abgenommen werden kann. Infra-Leuna-Chef Günther weist zudem darauf hin, dass die Öko-Energien wegen der wetterabhängigen Produktion konventionelle Energieträger noch längere Zeit nicht ersetzen können: „In Deutschland haben wir einen festen Plan für den Rückbau und die Abschaltung von planbarer Erzeugungsleistung. Ein Plan für deren Ersatz ist hingegen nicht erkennbar.“