Grippe in Sachsen-Anhalt Grippe in Sachsen-Anhalt: Der von Krankenkassen angebotene Impfstoff oft unwirksam

Halle (Saale) - Der Hals schmerzt, ein heftiger Husten quält, die Augen sind trocken und als würden die Kopf- und Gliederschmerzen nicht schon schlimm genug sein, zeigt das Fieberthermometer eine deutlich erhöhte Körpertemperatur an: In einem solchen Fall diagnostizieren Ärzte oftmals eine Grippe. Wissenschaftlich auch Influenza genannt.
Mit diesem Krankheitsbild werden Hausärzte dieser Tage in Sachsen-Anhalt wieder vermehrt konfrontiert. Von der 50. Kalenderwoche 2017 bis in die zweite Kalenderwoche 2018 verzeichnete das Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) in Sachsen-Anhalt 224 bestätigte Grippefälle. In der zweiten Kalenderwoche 2018 wurden alleine 105 neue Fälle registriert.
2017 wurden in den ersten beiden Wochen des Jahres 345 Fälle beim LAV aktenkundig. „In den nächsten Wochen wird eine Zunahme der bestätigten Fälle erwartet“, erklärte LAV- Sprecherin Peggy Wießner. Schwerpunkte liegen derzeit in Halle (31 Fälle), im Saalekreis (26 Fälle) und in Anhalt-Bitterfeld (11 Fälle).
Hohe Dunkelziffer an Grippefällen in Sachsen-Anhalt
Das Robert-Koch-Institut, das in Deutschland die Ausbreitung von Infektionskrankheiten überwacht, geht allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus. „Bei den Zahlen muss man immer von einer deutlichen Untererfassung ausgehen, da nicht jeder Erkrankte zum Arzt geht oder auf Influenza getestet wird“, sagte Judith Petschelt vom Robert-Koch-Institut (RKI). Nach ihren Angaben habe die Grippewelle in der letzten Dezemberwoche begonnen - nicht ganz so früh wie in der Vorsaison 2016/2017.
Die Grippe-Viren werden in die drei Typen A, C und B unterteilt. Typ A ist das gefährlichste Influenza-Virus. Zu diesem gehört auch das H3N2 -Virus. In Sachsen-Anhalt wurde dieses in der aktuellen Grippewelle auch schon festgestellt. „In den Proben gab es erste Nachweise der H3N2 -Viren. Es kann noch nicht abgeschätzt werden, wie dies im weiteren Verlauf aussieht“, so die LAV-Sprecherin. Der H3N2-Virus grassierte im vergangenen Jahr besonders heftig: 22 Menschen starben damals in Sachsen-Anhalt.
Influenza-B-Viren im Umlauf
Um gegen die Viren gewappnet zu sein, empfiehlt sich eine Impfung. Diese soll vor allem ältere Menschen ab 60 Jahren schützen. Verabreicht wird ein sogenannter Dreifachimpfstoff, dessen Kosten die Krankenkassen übernehmen. Laut RKI schützt dieser vor zwei Influenza-A-Stämmen und vor einem B-Stamm. Aktuell dominieren in Deutschland vor allem Influenza-B-Viren der Yamagata-Linie. Laut RKI hat dieser Virus derzeit mehr als 60 Prozent der bislang bundesweit gemeldeten Grippefälle verursacht.
„Im Vierfachimpfstoff ist die Komponente, die davor schützt, enthalten, jedoch nicht im Dreifach-Impfstoff“, erklärte Judith Petschelt vom RKI. Was nichts anderes bedeutet, als dass der Impfstoff nicht gegen das aktuelle Virus ankämpfen kann.
Die Krankenkassen verweisen bei ihrer Impfstoffwahl auf eine vertragliche Bindung. Im Jahr 2016 haben alle gesetzlichen Krankenkassen in Sachsen-Anhalt einen Influenza-Impfstoff für die Saison 2016/2017 und 2018/2019 europaweit ausgeschrieben. „Mit zwei Pharma-Unternehmen wurden verbindliche Verträge geschlossen, die bis zum 30. Juni 2019 gelten“, sagte AOK-Sprecher Sascha Kirmeß. Dabei hätten sich die Kassen an die damalige Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des RKI gehalten. „Der Vierfachimpfstoff kostet 13 Euro, die Kosten für den Dreifachimpfstoff sind wesentlich geringer“, sagte Kirmeß.
In begründeten Einzelfällen können Ärzte auch jetzt schon wirksamere Impfstoffe verordnen. „Sollte der Gemeinsame Bundesausschuss beschließen, dass der Vierfachimpfstoff Kassenleistung wird, werden wir die Verträge neu bewerten“, erklärte AOK-Sprecher Kirmeß. Gleiches kündigt auch die Techniker Krankenkasse (TK) an: „Sobald der betreffende Impfstoff in den Richtlinien enthalten ist, übernehmen wir selbstverständlich die Kosten für unsere Versicherten“, so Jens Hennicke, Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen-Anhalt.
Die Barmer-Krankenkasse übernimmt schon jetzt die Kosten für den Vierfachimpfstoff - wenn der Versicherte zu einer Risikogruppe - das sind Menschen ab 60 Jahre, Schwangere, chronisch Kranke und medizinisches Personal - gehört. Wie viele Menschen bereits gegen Grippe geimpft wurden, können die Krankenkassen noch nicht aufschlüsseln. Sie empfehlen aber auch jetzt noch eine Impfung, die ihre Wirkung nach zwei Wochen entfaltet.
Gemeinschaft profitiert
In erster Linie schützt eine Impfung die Person selbst, aber sie leistet mit dieser Maßnahme auch etwas für die Gemeinschaft. Viele Menschen, wie zum Beispiel Babys oder chronisch Kranke können sich manchmal nicht impfen lassen: Sie sind darauf angewiesen, dass die Menschen in ihrem Umfeld geimpft sind und ihnen so Schutz vor Ansteckung bieten. Fachleute bezeichnen dies als Herdenimmunität. Heißt: Lassen sich ausreichend viele Menschen impfen, können Krankheiten gestoppt werden, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
(mz)