Gabriele Brakebusch Gabriele Brakebusch: Darum hört Sachsen-Anhalts Landtagspräsidentin auf

Magdeburg - Bei der Landes-CDU verabschiedet sich gerade die Generation 60 plus: Im vergangenen Jahr schied Parteichef Thomas Webel aus dem Amt, Fraktionschef Siegfried Borgwardt kündigte an, dass er 2021 nicht erneut kandidieren wird - und auch Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch bereitet das Ende ihrer Karriere vor.
MZ-Redakteur Hagen Eichler fragte die 65-Jährige aus dem Börde-Dorf Harbke nach ihren Beweggründen.
Frau Brakebusch, als Landtagspräsidentin haben Sie das höchste Amt im Land inne. Wie man hört, wollen Sie 2021 aus der Politik aussteigen – warum?
Gabriele Brakebusch: Ein politisches Amt kann man nur mit der Unterstützung seiner Familie ausüben. Vor der Wahl 2016 habe ich meiner Familie versprochen, dass es meine letzte Wahlperiode wird. Und ich stehe zu meinem Wort, denn ich bin davon überzeugt, dass es dann an der Zeit ist, meiner Familie wieder mehr Unterstützung zu kommen zu lassen.
Das war ein Versprechen gegenüber Ihrem Mann?
Nein, gegenüber dem gesamten Familienrat. Meine Enkelkinder haben schon gedrängelt: ‚Omi, es wird Zeit, dass Du auch mal Zeit für uns hast.’ Ich habe sieben Enkelkinder, die jüngsten sind jetzt drei und zweieinhalb Jahre alt. Die kann ich dann in die Schule begleiten, ich kann Mittagessen kochen und sie nachmittags betreuen.
Vielen Politikern gelingt der freiwillige Abschied von einem Amt nicht. Was sagt Ihre Partei?
Es gibt immer Leute, die sagen: Ach, eine Wahlperiode musst du doch noch machen. Ich sage: Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören.
Zum Amt der Landtagspräsidentin sind Sie gekommen, nachdem es Männer aus Ihrer Partei verbockt hatten. Ihre zwei Vorgänger mussten zurücktreten – ist das typisch, dass die CDU erst dann auf eine Frau kommt?
Das denke ich nicht. Aber als das Amt dann wieder zu besetzen war, gehörte ich in der Fraktion zu jenen, die schon am längsten dabei waren. Offenbar wollte man mal jemanden nehmen, der ein bisschen ausgleichender wirkt.
Werden Ihnen künftig Haushalt und Familie ausreichen?
Nein, das allein füllt mich nicht aus. Seit 2003 arbeite ich jedes Jahr zwei, drei Tage ehrenamtlich im Pflegeheim, das sind ganz normale Schichten mit Dienstbeginn 5.45 Uhr. Dafür werde ich künftig mehr Zeit haben. Ich habe übrigens sehr viel für meine politische Arbeit mitgenommen.
Konnten Sie für den Pflegeberuf mit Ihren Erfahrungen etwas verändern?
Ich habe gemerkt, wie minutengenau jeder Handgriff durchgetaktet ist. Die Pflegekräfte können solche Pläne gar nicht einhalten, weil es unmenschlich ist, einen alten Menschen Punkt sechs Uhr aufzuwecken, damit man schnell-schnell seine Aufgaben erledigen kann. Das habe ich an unsere Bundestagsabgeordneten weitergegeben. Mittlerweile gibt es einen variablen Zeitplan. Die Schwestern können selbst einschätzen, wo sie etwas weniger und wo sie mehr Zeit brauchen.
Ihre CDU-Fraktion hat insgesamt 29 Männer, allerdings nur zwei Frauen. Wie soll die Partei Ihren Abgang denn künftig kompensieren?
Ich höre, dass auch andere Kollegen aufhören wollen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, dafür Frauen zu gewinnen. Meine Wunschvorstellung ist natürlich, dass Frauen die Hälfte aller Sitze haben. Das wird aber sehr lange dauern.
Warum gelingt es der CDU nicht, eine nennenswerte Zahl von Frauen in den Landtag zu bekommen?
Die CDU hat immer die meisten Direktmandate, bei den anderen Parteien ist die Liste wichtiger. Es ist aber viel schwerer, als Frau gegen einen bisher direkt gewählten Abgeordneten anzutreten, als sich um einen Listenplatz zu bewerben.
Es fehlt Frauen am Willen?
Den Beruf des Politikers muss man auch wollen. Das sind sehr lange Arbeitstage. Ich sage ehrlich: Als meine Tochter gerade elf Jahre alt war, habe ich mich manchmal gefragt, ob ich den richtigen Schritt gegangen bin.
Ihre männlichen Kollegen fragen sich gar nicht erst, ob sie die Politik mit der Familie vereinbaren können?
Genau das ist der Unterschied. Außerdem haben Frauen sehr hohe Ansprüche. Sie wollen in der Familie alles richtig machen. Mein Mann zum Beispiel macht sehr viel zuhause. Aber ich hätte gar nicht gewollt, dass er auch noch die Wäsche erledigt. Das mache ich lieber selbst. (mz)