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Familienfeiern im Visier Familienfeiern im Visier: Haseloff erwartet drastische Beschränkungen im Privaten

Von Hagen Eichler 27.10.2020, 23:02
Autos passieren eine elektronische Anzeige, auf der steht:  „Corona-Schutz. Verzichten Sie möglichst auf private Feiern!“ 
Autos passieren eine elektronische Anzeige, auf der steht:  „Corona-Schutz. Verzichten Sie möglichst auf private Feiern!“  dpa

Magdeburg - Die Sachsen-Anhalter müssen sich wegen deutlich steigender Corona-Zahlen erneut auf die Beschränkung zwischenmenschlicher Kontakte einstellen. Über die Details verhandeln an diesem Mittwoch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten. Sachsen-Anhalts Landeschef Reiner Haseloff (CDU) erwartet, dass private Begegnungen für drei bis vier Wochen „sehr stark“ heruntergefahren werden müssen. Welche Regeln gelten könnten, wollte er auch auf Nachfrage nicht sagen: „Der Prozess läuft, es wird was kommen.“ Laut Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) stehen insbesondere Familienfeiern auf dem Prüfstand.

Im Frühjahr hatte das Land auf die Ausbreitung des Coronavirus mit harten Einschränkungen auch für das Privatleben reagiert. In der strengsten Phase durften die Menschen sechs Wochen lang nur mit Angehörigen des eigenen Hausstands und maximal einer weiteren Person unterwegs sein. Auch durfte die Wohnung nur mit triftigem Grund verlassen werden. Dazu zählten etwa der Weg zur Arbeit, zum Einkaufen, aber auch Sport oder ein Spaziergang.

Derzeit steigen die Infektionszahlen erneut stark an. In Deutschland waren es am Dienstag laut Robert-Koch-Institut 11.000 neue Fälle binnen eines Tages. In Sachsen-Anhalt breitet sich das Virus deutlich langsamer aus, hier waren es laut Sozialministerium 137 neue Infektionen.

Haseloff sagte, anders als im Frühjahr plane das Land keine Schließung von Schulen, Kitas, Sportvereinen oder Gaststätten. Die Infektionen im Land ließen sich ausschließlich auf unvorsichtiges Verhalten im privaten Bereich zurückführen. Namentlich verwies er auf ein illegales Oktoberfest in Magdeburg, eine Studienfahrt der Theologischen Hochschule Friedensau (Jerichower Land) und eine Schülerparty in Mansfeld-Südharz. „Von dort kommen die Infektionen“, sagte Haseloff. „Wir wollen deshalb nicht das zur Disposition stellen, was gut funktioniert.“

Der Ministerpräsident kündigte an, Sachsen-Anhalt wolle die kommenden Beschlüsse der Ministerpräsidenten „in den Grundsätzen“ mittragen. „Wir sind in der politischen Verantwortung, ganz Deutschland zu sehen“, sagte er. Zuletzt hatte Sachsen-Anhalt einen Sonderweg beschritten, indem es als einziges Land keine Bußgelder für Maskenverweigerer erließ. Diese Entscheidung korrigierte die Landesregierung am Dienstag: Ab sofort können die Landkreise und kreisfreien Städte bei einem Wert von 35 Infizierten auf 100.000 Einwohner ein Bußgeld von 50 Euro erheben, ab 50 Infizierten 75 Euro. Eine landesweit einheitliche Regelung gibt es nicht. Die vor Wochen angekündigte Öffnung von Diskotheken ist abgesagt.

Änderungen für die Schulen beschloss das Kabinett nicht. Die Grünen hatten Bildungsminister Marco Tullner (CDU) aufgefordert, den Unterricht mit digitalem Lernen, CO2 -Ampeln und Luftfiltern pandemiefest zu machen. Tullner nannte die Aussagen „Vorwahlkampf“, den er nicht dulden werde. Die Beschlüsse der schwarz-rot-grünen Landesregierung fielen laut Ministerpräsident Haseloff einstimmig.

Gerichtlich gekippt wurde am Dienstag Sachsen-Anhalts Beherbergungsverbot für Gäste aus Risikogebieten. Es greife unverhältnismäßig in das Recht auf Berufsfreiheit der Hoteliers und in die Handlungsfreiheit von Reisenden ein, entschied das Oberverwaltungsgericht.

Unterdessen wehrt sich Ministerpräsident Haseloff gegen die Behauptung, es herrsche eine „Corona-Diktatur“. Wer derlei verbreite, betreibe Geschichtsfälschung, sagte er im MZ-Interview.  (mz)