Interview Eduard Korzenek, Präsident Landeschützenverband Sachsen-Anhalt, über Rolle der Schützenvereine

Halle - Am Donnerstag beginnt in Wernigerode (Harz) der Deutsche Schützentag. MZ-Reporter Julius Lukas sprach mit Eduard Korzenek, dem Präsidenten des Landesschützenverbandes Sachsen-Anhalt, über die Organisation des Treffens, die Bedeutung der Schützen für die Gesellschaft und deren Umgang mit Waffen.
Herr Korzenek, der Deutsche Schützentag ist ein Großereignis mit tausenden Teilnehmern. Auf dem Schießstand hat man Sie in den vergangenen Wochen sicher nicht allzu oft gesehen.
Eduard Korzenek: Es war eine intensive Vorbereitung, das stimmt. Unsere Mitarbeiter in der Geschäftsstelle haben zuletzt bis in die Nacht zu tun gehabt. Erschwerend kam hinzu, dass Anfang 2018 mein Vizepräsident unerwartet verstarb. Er hatte die ganze Organisation in den Händen. Deswegen mussten wir uns in viele Inhalte auch erst einarbeiten.
Sachsen-Anhalt ist nicht unbedingt als Schützenhochburg bekannt. Passt der Schützentag überhaupt hierher?
Die Schützentradition ist sicher nicht überall im Land lebendig. Es gibt aber durchaus Regionen, in denen fast jeder Ort einen Schützenverein hat. Im Harz, wo auch der Schützentag stattfindet, ist das so. Deswegen passt das gut.
Für alle, die sich mit dem Schützentum nicht auskennen: Was hat es damit auf sich?
Es gibt zwei Richtungen: die Sportler und die Traditionalisten. Den einen geht es um Training und Leistung. Den anderen um die Pflege des Brauchtums. Die Schützen haben eine sehr lange Tradition, die in Sachsen-Anhalt bis ins 12. Jahrhundert reicht. Darauf bezieht man sich bei Umzügen oder Schützenfesten.
Ist die Pflege solch alter Traditionen nicht etwas rückwärtsgewandt?Nein, schließlich geht es eher darum, das Positive der Vergangenheit weiter zu bewahren und in die Zukunft zu tragen. Gerade daran, dass es Bräuche schon so lange gibt, zeigt sich ja, dass sie wichtig sind und Bedeutung haben.
Welche Bedeutung ist das?
Es geht um Werte. Respekt zum Beispiel. Aber auch Kameradschaft. Gerade im Harz gibt es Vereine, die haben vielleicht nur fünf Bahnen zum Üben. Aber trotzdem treffen sich dort Jung und Alt. Da wird erzählt und sich ausgetauscht. Das sind Orte, an denen die Dorfgemeinschaft gepflegt wird. Und zusammen im Verein zu sitzen, ist besser als alleine zu Hause.
Waffen gehören zu Schützenvereinen dazu. Was fasziniert sie an den Schießgeräten?
Faszination ist das falsche Wort. Für uns sind das ja keine Waffen, sondern Sportgeräte. So wie der Fußballer einen Ball hat, haben wir eben ein Kleinkalibergewehr. Damit üben wir unseren Sport aus. Und der ist für mich sehr beruhigend. Auf dem Schießstand muss man sich auf sich besinnen. Das ist sehr entspannend. Allerdings konnte ich das nie richtig auskosten.
Wieso?
Als Präsident und langjähriger Vereinsvorsitzender in Halle bin ich nie allein auf dem Schießstand. Da kommt sofort jemand und fragt: „Eddie, kannst Du mal?“
Mitte März wurden bei einem Amoklauf in Neuseeland 50 Menschen getötet. Auch in Deutschland wurde daraufhin erneut über das Waffenrecht debattiert. Muss es da Veränderungen geben?
Nach dem Amoklauf von Winnenden vor zehn Jahren hat sich schon viel geändert. Das Waffenrecht wurde strenger - etwa, wenn es um die Lagerung von Waffen geht. Und wer Pistolen und Gewehre besitzen möchte, muss nachweisen, dass er diese auch braucht - zum Beispiel als Jäger oder eben Sportschütze. Das wird auch immer wieder überprüft. Insofern: Veränderungen sind für uns nicht notwendig - so schlimm Vorfälle wie in Winnenden und Neuseeland auch sind.
In Deutschland gibt es laut Waffenregister fünf Millionen legale Waffen - ist auch das kein Grund zur Sorge?
Für mich nicht. Soweit ich weiß, wird auch der weit überwiegende Teil der Straftaten, bei denen eine Waffe zum Einsatz kommt, mit illegalen Waffen verübt. Aber grundsätzlich ist es auch immer ein Mensch, der schießt - und nicht die Waffe. Deswegen legen wir bei der Ausbildung unserer Schützen sehr viel Wert auf Sicherheit. Vor uns muss sich keiner fürchten. (mz)
