Kommentar zur Direktoren-Besetzung Die Ministerin gehorcht der Not
Schulleiter ohne Lehramtsstudium sind nur konsequent. Doch langfristig verschärft sich damit ein Problem.

Magdeburg/MZ - Kontinuierlich senkt die Landesregierung von Sachsen-Anhalt die Anforderungen im Schulbereich herab. Jetzt trifft es auch Schulleiter: Auf vergeblich angebotene Stellen dürfen sich in weiteren Ausschreibungsrunden erstmals auch Seiteneinsteiger bewerben, also Lehrer ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium.
Vor fünf Jahren noch wäre das ein vollkommen undenkbarer Schritt gewesen. Die im Fachstudium erworbenen didaktischen Fähigkeiten galten für eine solche Aufgabe als unverzichtbar.
Unbesetzte Stellen zwingen zum Handeln
Die von Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) getroffene Entscheidung ist aber konsequent: Wer A sagt, muss auch B sagen. Immerhin stemmen Seiteneinsteiger einen jährlich wachsenden Anteil des Unterrichts. Unter neueingestellten Lehrern sind sie bereits in der Überzahl – wer diese Gruppe von Bewerbungen für Führungsposten ausschließt, wird irgendwann kaum noch Personen finden. Und unbesetzte Schulleiterstellen sind schon seit Jahren ein riesiges Problem.
Schulen brauchen Führungskräfte, die das Miteinander gestalten wollen, die Neues ausprobieren, anspornen und unterstützen. Mit verwaisten und nur kommissarisch besetzten Stellen bleibt davon vieles liegen.
Das Staatsexamen ist langwierig und anstrengend - wer will das noch leisten?
Mit ihrer Entscheidung zur Öffnung für Seiteneinsteiger gehorcht Feußner (CDU) der Not. Zugleich verschärft sie aber auch ein langfristig wirkendes Problem: Das Staatsexamen als Abschluss des Lehramtsstudiums wird ein weiteres Mal entwertet. Denn wenn Bewerber auch ohne jahrelange fachspezifische Vorbereitung sämtliche Posten in einer Schule übernehmen können, wird so mancher den einfachen und direkten Einstieg wählen. Diese Sorge dürfte auch der Grund sein, warum sich die Lehrergewerkschaft GEW so schmallippig äußert.
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Feußner jedenfalls scheint entschieden zu haben, dass jetzt jede Lösung besser ist als eine unbesetzte Stelle. Das Abräumen formaler Hürden im Bildungssystem dürfte noch lange nicht zu Ende sein.