Debatte um Meinungsfreiheit Debatte um Meinungsfreiheit: Rico Freimuth: "Positionen werden immer extremer"

Halle (Saale) - Nachdem Äußerungen von Ex-Handballprofi Stefan Kretzschmar eine Debatte über Meinungsfreiheit in Deutschland ausgelöst haben, hat die MZ den erfolgreichen Zehnkämpfer, Fußballer und Vize-Weltmeister Rico Freimuth zu seiner Sicht der Dinge befragt.
So hat sich sich der 30-jährige Hallenser zu dem viel diskutierten Thema geäußert:
Freimuth: „In einem Punkt gebe ich Stefan Kretzschmar recht: Sportler müssen heute schon aufpassen, was sie sagen. Medienberater zum Beispiel geben immer den Tipp, man solle doch „politisch korrekt“ sein, damit man nicht aneckt und weniger Reibungspunkte bietet. Wahrscheinlich war das aber schon immer so. Nur in Zeiten der Digitalisierung gibt es eben mehr Kanäle, auf denen man sich äußern kann.
Natürlich haben wir in unserem Land die Freiheit, unsere Meinung zu sagen. Besonders mit Blick auf andere Länder, wo Menschen aufpassen müssen, was sie sagen, bin ich froh, dass das in Deutschland im Grundgesetz verankert ist. Da muss ich Stefan Kretzschmar also widersprechen.
Trotzdem ist die Äußerung von extremen Meinungen jedoch auch nicht im Sinne der Meinungsfreiheit. Ich finde es gut, dass manche Dinge eben nicht einfach ungefiltert rausposaunt werden dürfen. Das hat dann nichts mehr mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu tun, sondern ist in den schlimmsten Fällen beleidigend oder gar eine Straftat.
Allerdings werden die Positionen auch immer extremer, das merkt man ja. Zum Beispiel, wenn es um die Flüchtlingspolitik geht. Ich bin Sportler, war international viel unterwegs und habe Freunde mit unterschiedlicher Herkunft und Religion. Obwohl ich selbst nicht religiös bin, respektiere ich deren Glauben. Und darum geht es ja auch: Mit den extremen Meinungen kommen wir doch nicht weiter – die lösen keine Probleme. Das funktioniert nur, wenn wir zusammenarbeiten und einen gemeinsamen Konsens finden.
Was mich aber auch wundert: Stefan hat doch bisher immer seine Meinung gesagt und seinen Mund aufgemacht. Das war Teil seines Erfolgs und hat ihn über die Grenzen der Sportwelt hinaus bekannt gemacht. Was würde er denn gerne sagen, was er sich aufgrund einer angeblich fehlenden Meinungsfreiheit nicht traut?
Ich denke, wenn ich von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch mache, dann muss ich auch das Echo aushalten und anerkennen, dass andere Menschen andere Meinungen haben. Das soll so sein, uns aber nicht davon abhalten, gemeinsam an einer besseren Zukunft zu arbeiten“, sagt Rico Freimuth.
Kretzschmars Worte als Auslöser für Debatte über Meinungsfreiheit
Der ehemalige Handballprofi Stefan Kretzschmar hatte mit seinem Äußerungen zum Thema Meinungsfreiheit in Deutschland vor wenigen Tagen für einigen Wirbel gesorgt und die Debatte ausgelöst.
In einem Videointerview hatte der ehemalige Leistungssportler und Nationalspieler gesagt: „Wir haben die Meinungsfreiheit in dem Punkt, dass wir nicht in den Knast kommen, wenn wir uns kritisch äußern. Aber wir haben keine Meinungsfreiheit im eigentlichen Sinne. Sobald wir eine gesellschaftskritische Meinung äußern, haben wir von unserem Arbeitgeber mit Repressalien zu rechnen, oder wir haben mit unseren Werbeverträgen Probleme, dass diese gekündigt werden, weil es nicht ins Konzept passt.“
Unproblematisch sei nur, wenn man sich mit politischen Mainstream-Meinungen wie „Wir sind bunt“ und „Refugees welcome“ zu Wort melden würde, das sei unproblematisch, so der 45-jährige Kretzschmar. (mz)