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Von gekidnappten Daten bis Kreditbetrug Cyberkriminalität in Sachsen-Anhalt während Pandemie gestiegen

Straftaten über das Internet nehmen zu. Ein Grund: Firmen und Behörden sind den Computer-Gangstern oft unterlegen. Welche Fehler bei der Sicherheit häufig sind.

Von Max Hunger 03.12.2021, 08:00
In der Pandemie nutzen Firmen und Privatpersonen zunehmend Computer - das nutzen auch Kriminelle aus.
In der Pandemie nutzen Firmen und Privatpersonen zunehmend Computer - das nutzen auch Kriminelle aus. Foto: Oliver Berg/dpa

Halle/MZ - Bürger, Behörden und Firmen in Sachsen-Anhalt werden immer häufiger Opfer von Computerkriminalität. Nach Angaben des Innenministeriums in Magdeburg registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 21.388 Straftaten im Bereich Cyberkriminalität - das entspricht 58 Fällen pro Tag. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor wurden mit 18.117 noch rund 15 Prozent weniger Straftaten gezählt. Cyberkriminalität umfasst sowohl Angriffe auf Netzwerke, Laptops und Smartphones als auch Delikte, die mittels Computern begangen werden - etwa Kreditbetrug. Im laufenden Jahr rechnet die Polizei zudem mit weiter steigenden Fallzahlen. Denn laut Innenministerium nutzen die Täter die Pandemie aus. „Ursächlich für den Anstieg ist die Zunahme der Digitalisierung sowie die intensivere Nutzung des Internets während der Covid-19-Pandemie“, sagte Ministeriumssprecher Lars Fischer der MZ.

Bundesweit wächst die Bedrohung durch Cyberangriffe: Laut einer Erhebung des Digitalverbandes Bitkom entsteht der deutschen Wirtschaft dadurch jährlich ein Schaden von 223 Milliarden Euro. Die Schadenssumme ist mehr als doppelt so hoch wie noch vor zwei Jahren. Neun von zehn Unternehmen waren in den Pandemiejahren 2020/21 betroffen.

Viele Cyberkriminelle agieren aus dem Ausland

In Sachsen-Anhalt tritt Cyberkriminalität in verschiedenen Formen auf. Besonders häufig sind laut Innenministerium Betrugsfälle auf Online-Portalen, Erpressung mit der Verschlüsselung von Daten sowie Computersabotage. „Ein großer Teil der Straftaten wird aus dem Ausland begangen“, sagte Fischer. Immer häufiger nehmen die Kriminellen dabei auch die öffentliche Infrastruktur ins Visier - etwa Krankenhäuser, Energieversorger oder Behörden. Wie groß der Schaden dabei sein kann, zeigt der Hackerangriff auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld im Juli. Auch vier Monate danach laufen E-Mail-Verkehr und Telefonsysteme in der Verwaltung nur eingeschränkt.

Oft haben die Täter dabei leichtes Spiel: Firmen und Behörden in Sachsen-Anhalt sind laut Digitalexperte Marco Langhof meist nur unzureichend gegen Cyberangriffe gerüstet. „Die digitale Sicherheit wird sehr stiefmütterlich behandelt“, sagte Langhof der MZ. Er berät rund 3.000 Kunden im Land. Immer noch schreckten viele Geschäftsführer vor Investitionen in Datensicherung oder neue Programme zurück. „Man kann da viel falsch machen.“

Homeoffice ist Einfallstor für Hacker

Insbesondere das während der Pandemie verbreitete Arbeiten am Computer zu Hause sei ein Einfallstor für Kriminelle, warnte der Digitalexperte. Immer wieder erlebe er, dass Daten ohne Kontrolle per USB-Sticks zwischen Computern getauscht werden oder Mitarbeiter über ihr schlecht gesichertes Heimnetzwerk arbeiten. „Das potenziert die Angriffsmöglichkeiten“, warnte Langhof. Häufig kämen Hacker so an sensible Daten, verschlüsselten diese und erpressten dann Lösegeld von Unternehmen. Die Firmen selbst redeten jedoch nur ungern über solche Angriffe. Der Grund: Laut Langhof zahlen sie nicht selten das Lösegeld - je nach Größe zwischen einigen tausend bis zu hunderttausend Euro. „Da haben sich Strukturen aufgebaut, die einem den Atem stocken lassen.“

Die Polizei in Sachsen-Anhalt rüstet derweil gegen die Internet-Gangster auf: Laut Landesinnenministerium wurde ein „Cybercrime Competence Center“ gegründet. Hier analysieren Experten des Landeskriminalamtes Angriffe und arbeiten an der Prävention. Die Täter selbst seien nur schwer zu fassen, räumte Ministeriumssprecher Fischer ein. „Die Besonderheit besteht darin, dass die Täter nahezu von jedem Ort der Welt aus agieren und ihre Spuren relativ gut verschleiern können“, sagte Fischer. Kommentar Seite 6