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Colbitz-Letzlinger Heide Colbitz-Letzlinger Heide: Wölfe haben Welpen

Von Kai Gauselmann 03.08.2016, 09:52
Da schnappt die Fotofalle zu: Ein Wolfswelpe schaut in der Colbitz-Letzlinger Heide neugierig in die Kamera.
Da schnappt die Fotofalle zu: Ein Wolfswelpe schaut in der Colbitz-Letzlinger Heide neugierig in die Kamera. Bundesforst

Colbitz/Gardelegen - Mancher Debattenbeitrag klingt, als drohe die Wolfisierung des Abendlandes. Dabei handelt es sich gar nicht um einen Einwanderer, der sich nach und nach in Sachsen-Anhalt breitmacht - sondern um einen Rückkehrer. Zumindest sieht das Horst Schulze so. „Der Wolf hat diesen Lebensraum nur aufgegeben, weil er dort vom Menschen ausgerottet wurde“, sagt der Wolfsbeauftragte auf dem Truppenübungsplatz Altmark. Diesen Raum holen sich die Tiere zurück, nachhaltig, wie Schulzes neueste Wolfs-Trophäe beweist: Dem Wolfsbeauftragten und Revierförster im Bundesforstbetrieb sind in der Colbitz-Letzlinger Heide in der Altmark gleich fünf Wolfswelpen in die Fotofalle gegangen.

Wolfsbeauftragter Schulze erfreut

Sechs, vielleicht sieben Wochen sind die Jungtiere alt, die auf der Serie von fünf Fotos durchs Bild tollen, miteinander raufen, einmal guckt ein Welpe fragend in die Kamera. Das sieht knuffig aus - oder gefährlich, je nach Standpunkt. Den Wolfsbeauftragten Schulze freuen die Bilder. In den vergangenen zwei Jahren hat er keinen Wurf der seit 2011 in der Heide beheimateten Wölfe dokumentieren können. Die neuen Bilder belegen, dass die Tierpopulation stabil ist. „Die fünf Welpen sind Fakt. Ich freue mich, dass ich sie nachweisen konnte.“ Er schätzt das Wolfsrudel auf insgesamt sieben bis zehn Tiere. Schulze weiß zwar, dass der graue Nachwuchs nicht überall Freude auslöst. „Es gibt Konflikte, mit denen man umgehen muss.“

Über die Lausitz gekommen

Wölfe sind effektive Jäger und greifen sich leicht verfügbare Beute - was gelegentlich Konflikte bringt. Im vergangenen Jahr wurden 75 Nutztiere, meist Schafe, von Wölfen gerissen.

Über die Lausitz kommend haben sich die Wölfe langsam wieder in Deutschland angesiedelt, sie stehen unter Schutz. Seit 2008 sind die Tiere wieder in Sachsen-Anhalt heimisch, hauptsächlich im Nordosten des Landes. Aber nicht nur. Im März wurde das erste Mal seit 200 Jahren wieder ein Wolf im Harz gesichtet. Das Landesamt für Umweltschutz sieht aber keine Gefahr für Wanderer, weil Wölfe „in der Regel“ Menschen meiden.

Mittlerweile zwischen 90 und 150 Exemplare

Jägern und Landwirten wird es aber langsam zu wild im Land. Der Wolf als Wildart sei gar nicht vom Aussterben bedroht und habe in dicht besiedelten Gebieten wie Deutschland „nur eine begrenzte Daseinsberechtigung“, wie Karl-Friedrich Kaufmann formuliert. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Sachsen-Anhalt fordert, der Wolf müsse „auf dünn besiedelte Gebiete, wie still gelegte Tagebaustandorte und Truppenübungsplätze, zurück gedrängt werden“. Die Jäger nehmen nicht nur Wölfe ins Visier. Auch die Luchse im Harz. Davon gebe es mittlerweile zwischen 90 und 150 Exemplare - die Wildkatzenpopulation habe „zu einer starken Reduzierung der Muffelwildbestände im Harz geführt, zur Reduzierung des Rehwildes im Oberharz und zu einer zunehmenden Verunsicherung der Weidetierhalter“.

Umwelt-Staatssekretär Klaus Rehda (Grüne) kann zumindest die Verunsicherung verstehen. „Dass es Probleme gibt, ist klar. Die Tiere tauchen in Räumen auf, in denen sie seit Jahrhunderten nicht waren.“

Für berechtigt hält Rehda die Jäger-Kritik etwa zu den Wölfen allerdings nicht. „Die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere ist relativ gering - und wir versuchen, die Folgen abzufedern.“ Es gebe Förderung und Unterstützung etwa für Schutzzäune und einen Schadenersatz, wenn ein Wolf etwa ein Schaf gerissen hat. Das sei für die Betroffenen aber natürlich „aufwändiger und weniger komfortabel“ im Vergleich zu der Zeit, als es in Sachsen-Anhalt keine Wölfe mehr gab. Im Umweltministerium schaut man eher positiv auf die Welpen in der Heide. Rehda: „Wir freuen uns, dass es Nachwuchs gibt und Wölfe hier Teil der Naturlandschaft werden.“ (mz)