Kontra-Kommentar Bezahlter Bildungsurlaub fürs Ehrenamt: Eine Schnapsidee
Es ist löblich, wenn sich Menschen bei der Feuerwehr, in Kirchen oder in Sportvereinen engagieren. Doch Firmen haben nicht die Ausbildung zu finanzieren.

Halle/MZ. - In der Debatte um bezahlten Bildungsurlaub wird so getan, als hätten die Arbeitnehmer keine Zeit für ehrenamtliches Engagement. Doch das ist nicht der Fall. Von 365 Tagen im Jahr entfallen 104 auf das Wochenende. Hinzu kommen elf Feiertage. Ein Arbeitnehmer mit Fünf-Tage-Woche hat häufig 30 Urlaubstage, im Schnitt sind die Beschäftigten im Land 24 Tage im Jahr krank. Zusammengezählt sind das bereits mehr als 165 Tage – fast die Hälfte des Jahres. Noch nicht eingerechnet sind Elternzeit und Bildungsurlaub für die Firma bei einigen.
Dass Deutschland im Wettbewerb zurückfällt, hat nicht nur mit der Lohnhöhe zu tun. Die Deutschen arbeiten auch weniger als etwa die Chinesen oder Amerikaner. Dass den Unternehmern in Sachsen-Anhalt die Hutschnur hochgeht, wenn es jetzt auch noch einen bezahlten Bildungsurlaub für ehrenamtliche Tätigkeiten geben soll, ist nachzuvollziehen.
Es ist löblich, wenn sich Menschen bei der Feuerwehr, in Kirchen oder in Sportvereinen engagieren. Diese Arbeit ist wichtig für die Gesellschaft. Doch es ist nicht Aufgabe von Unternehmen, diese Tätigkeiten finanziell zu unterstützen. Wenn, dann wäre es eine gesellschaftliche Aufgabe. Das Land müsste also für den bezahlten Urlaub aufkommen. Doch die Kassen sind leer. Die Landesregierung darf das nicht auf die Firmen abwälzen.
Die Idee des bezahlten Urlaubs fürs Ehrenamt ist eine Schnapsidee. In der Vergangenheit haben sich die Menschen ohne Sonderurlaub fürs Ehrenamt weitergebildet. Und die Arbeitnehmer in früheren Zeiten hatten weit weniger freie Zeit.
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