1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Atemwegserkrankungen in Sachsen-Anhalt: Viele Kinder mit Lungeninfekten

Mykoplasmen in Sachsen-Anhalt Auffällig viele Kinder erkranken jetzt an Lungeninfekten

In Sachsen-Anhalt gehen mehr Menschen mit Atemwegserkrankungen zum Arzt. Auffällig ist eine Vielzahl an Mykoplasmen-Fällen. Vor allem die Jüngsten sind betroffen.

Von Lisa Garn Aktualisiert: 16.09.2024, 11:31
Viele Kinder in Sachsen-Anhalt erkranken derzeit.
Viele Kinder in Sachsen-Anhalt erkranken derzeit. (Foto: picture alliance)

Halle/MZ. - Halskratzen, Husten und Schnupfen: In Sachsen-Anhalt machen wieder Erkältungen die Runde. Wegen Atemwegserkrankungen kamen laut Robert-Koch-Institut (RKI) Anfang September wieder mehr Patienten in die Praxen: 1.030 je 100.000 Einwohner. Die Kurve zu Arztbesuchen steigt aktuell an und auch etwas stärker als vergangenes Jahr um diese Zeit. Vor allem Kinder sind betroffen.

Erkältung: Fallzahlen in Sachsen-Anhalt steigen

„Rein subjektiv gab es dieses Jahr keine großen Erkältungslücken, auch im Juli oder August nicht. Aber wir merken, dass jetzt die Fallzahlen mehr steigen“, sagt Thomas Dörrer, Allgemeinarzt in Teutschenthal (Saalekreis) und Vize-Präsident der Landesärztekammer. Neben Adenoviren und Rhinoviren als häufige Verursacher von Infekten seien diesmal aber verstärkt Mykoplasmen im Umlauf.

Lesen Sie auch: Erkältung, Grippe oder Corona? Die Symptome

Die Bakterien können Bronchitis und Lungenentzündungen auslösen, sie werden durch Abstriche festgestellt. „Es handelt sich um einen atypischen Erreger, so dass zu Beginn eher leichte Symptome wie Husten, Halsschmerzen und leichtes Fieber auftreten. Je früher mit Antibiotikum behandelt wird, desto besser werden schwere Verläufe vermieden“, erklärt Dörrer. Lebensgefährlich sei eine Infektion nicht, schwere Fälle müssten jedoch auch stationär behandelt werden.

Chlamydien auf dem Vormarsch bei Kindern

Auch bei Kindern werden verstärkt Mykoplasmen nachgewiesen, sagt Roland Achtzehn, Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. „Der starke Anstieg ist auffällig. In vergangenen Jahren hatten wir kaum Fälle, nun betrifft es sogar kleinere Gruppen in Schulklassen.“ Auch Chlamydien seien vermehrt feststellbar. Anders als bei Erwachsenen lösen die Bakterien bei Kindern vor allem Atemwegserkrankungen bis zur Lungenentzündung aus.

Die Gründe für den Anstieg der Mykoplasmen-Fälle sind nicht klar. Eine Verbindung zu Nachwirkungen der Corona-Zeit sieht Dörrer nicht unbedingt. Doch viele Infektionskrankheiten waren während der Pandemie fast verschwunden und kamen danach stärker zurück. Festzustellen sei: „Das Immunsystem scheint deutlich mehr zu tun zu haben oder weniger abgehärtet zu sein.“

Die Erkältungswelle beginnt jetzt. Allein am vergangenen Montag habe ich 24 Krankenscheine ausgestellt.

Tobias Ortmann, Allgemeinmediziner

Erkältungswelle hat begonnen

Das Landesamt für Verbraucherschutz meldet aktuell auch einen Anstieg an Corona-Fällen. Waren es Mitte August noch 302 Fälle, sind es in der ersten Septemberwoche schon 496. Bundesweiten liegt die Inzidenz in Sachsen-Anhalt auf Platz eins. Sie ist aber mit 16 im Vergleich zu Werten aus der Pandemie sehr niedrig. Für Grippe wurden Anfang September fünf Fälle gemeldet.

„Die Erkältungswelle beginnt jetzt“, sagt Allgemeinarzt Tobias Ortmann aus Staßfurt (Salzlandkreis). Allein am vergangenen Montag habe er 24 Krankenscheine ausstellen müssen. „Auch im Sommer gab es viele Infekte. Einige Patienten haben sie auch aus dem Urlaub mitgebracht.“ Nun sinken Temperaturen, Menschen halten sich wieder mehr in geschlossenen Räumen auf. „In Kitas und Schulen kommen die Kinder wieder näher zusammen.“

Mehr zum Thema: RS-Virus bei Kindern auf dem Vormarsch - Was Eltern jetzt wissen müssen

Bald mehr Infektionen bei Kindern mit dem RS-Virus?

Zeitnah sei auch wieder mit mehr Infektionen mit dem RS-Virus bei Kindern zu rechnen, sagt Achtzehn. Aktuell bewegten sich die Fälle auf niedrigem Niveau, die Saison beginnt laut RKI im Oktober. In Vorjahren hatten Infektwellen viele schwere Erkrankungen bei Säuglingen ausgelöst, Kliniken kamen an ihr Limit. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt seit kurzem eine Immunisierung für Neugeborene und Säuglinge.

Doch Kassenärzte kritisieren, dass die Impf- und Beratungsleistung nicht vergütet wird. „Es gibt auch keine Präparate auf dem Markt, weil Frankreich, Schweden und England aktuell viel einkaufen. Ich gehe aber davon aus, dass die Prophylaxe im Oktober zur Verfügung steht.“