Streit in der AfD AfD Sachsen-Anhalt: Abgeordneter klagt gegen eigene Partei

Magdeburg - Der Schlag gegen die parteiinternen Kritiker war gut vorbereitet: Schon am Eingang zum Saal erhielten die AfD-Mitglieder eine zehnseitige Zusammenfassung mit schweren Vorwürfen. Ausschließlich vorstandstreue Bewerber sollten bei der Nominierung der Bundestagskandidaten Ende März in Badeborn (Landkreis Harz) gewählt werden. Der Plan ging auf - doch jetzt hat die Kandidatenkür ein juristisches Nachspiel. Der AfD-Landtagsabgeordnete Volker Olenicak hat gegen die Parteiführung geklagt.
AfD-Mann Volker Olenicak zieht gegen eigene Partei vor Gericht
An diesem Dienstag verhandelt das Landgericht Magdeburg. Der 51-Jährige will per Einstweiliger Verfügung erreichen, dass die Kandidatenliste für nichtig erklärt wird. Durch die Verunglimpfung einzelner Mitglieder habe die Parteispitze demokratische Grundsätze verletzt. „Mir ist es nicht leichtgefallen, gegen meine eigene Partei vorzugehen“, sagt er. Doch die Parteispitze zeige Beratungsresistenz, also bleibe ihm nur die Klage.
Ende der vergangenen Woche ging Olenicaks Antrag beim Landgericht ein, schon an diesem Dienstag verhandelt die elfte Zivilkammer den Fall. Die Zeit drängt: Sollte die AfD-Landesliste tatsächlich nichtig sein, müsste der Landesvorstand unverzüglich zu einem neuen Parteitag einladen. Spätestens am 17. Juli sind die Kandidaten bei der Landeswahlleiterin anzumelden. Scheitert die Partei daran, wäre die AfD bei der Bundestagswahl mit der Zweitstimme in Sachsen-Anhalt nicht wählbar. „Das wäre die Katastrophe für die AfD“, sagt Olenicak.
AfD-Chef André Poggenburg weist Kritik zurück
Dass das beim Badeborner Parteitag verteilte Pamphlet die Kandidatennominierung gefährdet, erkannte auch der damalige Sitzungsleiter Kay Gottschalk. Er ließ die Zettel im gesamten Sitzungssaal einsammeln. AfD-Landeschef André Poggenburg weist daher jede Kritik am Aufstellungsverfahren zurück, alle Vorgaben seien eingehalten worden. In einem „Aufruf zur Geschlossenheit“ werden nun Olenicak sowie der Wittenberger Kreischef Dirk Hoffmann, der die Gültigkeit der Liste ebenfalls in Frage stellt, heftig attackiert.
„Es drängt sich der Eindruck auf, dass diese ’Anfechter’ aus niederen Beweggründen handeln“, heißt es in dem Papier. „Auf jeden Fall ist ihr Handeln nicht im Interesse unserer Partei.“ Unterstützt wird der Aufruf vom AfD-Landesvorstand, dem Vorstand der Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ und sieben Kreisvorständen. Fünf weitere Kreisvorstände sind offenbar gespalten, aus ihnen werden nur einzelne Unterstützer genannt.
Arno Bausemer, vom damaligen Parteitag mit der Anmeldung zur Bundestagswahl beauftragt, sieht der Verhandlung beim Landgericht nach eigener Aussage gelassen entgegen. „Bei der Aufstellung ist alles picobello gelaufen“, versichert er. Olenicak versuche, die Ergebnisse einer demokratischen Wahl zu kippen. „Der einzige Zweck der Klage ist es, den Landesvorstand zu erpressen.“
Der Streit um die Kandidatenliste schwelt bereits seit Wochen. Über Anfechtungen hat das Landesschiedsgericht jedoch bis heute nicht entschieden. Erst war das Gremium durch den Rücktritt seines Präsidenten Bodo Walther handlungsunfähig. Mittlerweile ist ein Nachfolger im Amt, der Halberstädter Rechtsanwalt Christian Hecht. Er wurde allerdings in Badeborn selbst zum Kandidaten gewählt, müsste also über sich selbst entscheiden. Olenicak hat deshalb wegen Befangenheit Beschwerde beim Bundesschiedsgericht eingereicht. Eine Entscheidung steht aus.
Rückendeckung bekommt der Kläger aus seinem eigenen Kreisverband Anhalt-Bitterfeld. Die Überprüfung von Parteitagen sei das gute Recht von Mitgliedern, betont der Kreisvorstand um Daniel Roi und nennt weitere Ungereimtheiten. Für den zweiten Tag der Kandidatennominierung gebe es bis heute kein Protokoll. „Jeder sollte sich jetzt selbst die Frage stellen, warum der gesamte Prozess so lange dauerte“, heißt es in der Stellungnahme.
Einen ähnlich erbitterten Streit um die Landesliste hat die AfD in Niedersachsen ausgetragen. Auch dort wollten zwei Mitglieder die Nominierung für nichtig erklären lassen. Das Landgericht Lüneburg lehnte eine Einstweilige Verfügung jedoch ab: Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen, weil es ausreichend Zeit für die Anfechtung gegeben habe. (mz)