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  7. AdBlue-Mangel durch Stopp SKW Piestritz: Hintergründe und Fakten

Jeder Dieselmotor braucht es AdBlue-Mangel: Warum es so wichtig ist und welche Rolle SKW Piesteritz spielt

Ein möglicher Mangel an AdBlue beschäftigt aktuell die Automobilbranche. Wir erklären, was AdBlue ist und warum es so wichtig ist - und welche Rolle SKW Piesteritz in Wittenberg dabei spielt.

Aktualisiert: 13.09.2022, 13:30
Erste Tankstellen haben den Verkauf von AdBlue eingestellt. Was das Mittel genau macht und weshalb es so wichtig ist, erklären wir hier.
Erste Tankstellen haben den Verkauf von AdBlue eingestellt. Was das Mittel genau macht und weshalb es so wichtig ist, erklären wir hier. Foto: imago images/Sven Simon

Halle (Saale)/DUR/jsp - Nach dem Produktionsstopp des Düngemittel-Werkes von SKW Piesteritz in Wittenberg wird bei ersten Liferanten das Mittel "AdBlue" knapp. Doch was steckt dahinter?

AdBlue ist auch als "Abgasreiniger" oder "Dieselreiniger" bekannt. Das Mittel ist nicht nur privat für viele Autofahrer wichtig, sondern vor allem auch für Lkw und die damit verbundene Logistikbranche. Was die Lösung genau bewirkt und warum ein Mangel schwerwiegende Folgen haben könnte, haben wir hier zusammengefasst.

Was genau ist AdBlue?

AdBlue ist eine wässrige Harnstofflösung. Sie besteht zu 32,5 Prozent aus Harnstoff und zu 67,5 Prozent aus demineralisiertem Wasser. Die Lösung ist für Diesel-Pkw mit einem SCR-Katalysator wichtig und muss bei Diesel-Fahrzeugen in regelmäßigen Abständen zusätzlich zum Treibstoff getankt werden.

Inhaber der Marke AdBlue ist der Verband der Automobilindustrie. Es gibt weltweit Lizenznehmer, die die Lösung herstellen.

Lesen Sie dazu auch: Harnstoff in Tank: Was Dieselfahrer zu AdBlue wissen müssen

Warum ist AdBlue wichtig und wofür wird es genutzt?

Die Harnstofflösung AdBlue wird eingesetzt, um den Ausstoß von Stickstoffoxiden in Dieselmotoren zu reduzieren. Diesel-Fahrzeuge dürfen nur eine bestimmte Menge davon ausstoßen. Damit diese Grenzwerte eingehalten werden, benötigen die Motoren AdBlue.

Die Lösung AdBlue funktioniert nur in Kombination mit einem SCR-Katalysator. Sie wird bei den Pkws direkt in den Abgasstrang eingespritzt und setzt dort Ammoniak frei. Das Ammoniak reagiert dann im SCR-Katalysator mit den Stickoxiden und wandelt sie in Stickstoff und Wasserdampf um.

In den Autos ist ein motorgesteuertes Dosiermodul verbaut, sodass immer die entsprechend benötigte Menge eingespritzt wird. Der AdBlue-Tank ist zusätzlich bei allen Autos beheizbar, da die Lösung bei -11,5 Grad gefriert.

Wichtiger AdBlue-Hersteller: SKW Piesteritz in Wittenberg

SKW Piesteritz gilt als größter Ammoniak- und Harnstoffhersteller in Deutschland. Das Stickstoffwerk gehört zu den 50 größten Unternehmen Mitteldeutschlands und hat seinen Sitz in Lutherstadt Wittenberg. Das Unternehmen ist einer der größten Hersteller von AdBlue in Deutschland.

Warum wird ein Mangel an AdBlue vermutet?

Ähnlich wie bei vielen anderen Produkten, ist auch die Herstellung von AdBlue sehr kostspielig geworden. In der Produktion werden bis zu 80 Prozent Gas als Grundstoff eingesetzt.

SKW Piesteritz hatte mitgeteilt, dass die Produktion aufgrund der hohen Gaspreise nicht mehr wirtschaftlich ist und hatte daraufhin zuletzt die Anlagen heruntergefahren. Dadurch wird nicht nur kein Dünger mehr hergestellt, sondern eben auch kein AdBlue.

Grundsätzlich ist AdBlue schon seit längerem immer wieder knapp. zuletzt berichteten Logistiker, dass sich der Mangel verschärft habe.

Mangel an AdBlue – Deshalb kann es gefährlich werden

Die Logistikbranche ist auf AdBlue angewiesen, denn Lkw dürfen ohne den Abgasreiniger nicht fahren. Nach den bereits erhöhten Spritpreisen könnten nun AdBlue-Engpässe folgen. "Ohne AdBlue stehen die meisten Lkw still. Es drohen nicht nur leere Supermarktregale," sagt Martin Bullheller, Sprecher des Bundesverbands Gütertransport und Logistik, gegenüber der Berliner Zeitung.

Lesen Sie dazu auch: Engpässe bei AdBlue und Dünger: Bauern im Kreis Stendal leiden unter hohen Preisen

SKW Piesteritz soll Produktion wieder hochfahren

Mit der Aussicht auf Unterstützung vom Staat, will SKW Piesteritz die Anlagen wieder hochfahren. Dieser Prozess kann bis zu zehn Tage dauern. 

Lesen Sie dazu auch: SKW fährt Werk in Wittenberg wieder hoch - Entspannt sich Lage bei AdBlue?

Wie oft muss AdBlue nachgefüllt werden und fährt das Auto auch ohne AdBlue?

Der Verbrauch von AdBlue richtet sich nach dem Fahrverhalten, ähnlich wie bei dem Verbrauch von Diesel. Im Durchschnitt liegt der Verbrauch von AdBlue bei drei bis fünf Prozent des Kraftstoffverbrauchs.

Die Bordelektronik sollte darauf hinweisen, dass AdBlue nachgefüllt werden muss. Wird das Nachfüllen aufgeschoben oder vergessen, kommt es dazu, dass der Motor nur noch mit verringerter Leistung fährt oder sich gar nicht mehr starten lässt.

Wo kann AdBlue nachgefüllt werden?

Laut dem Zentralverband des Tankstellengewerbes gibt es in Deutschland rund 1000 AdBlue-Zapfsäulen. Die Lösung kann auch separat gekauft und selbst nachgefüllt werden. Viele Autohäuser und Werkstätten füllen AdBlue bei den routinemäßigen Kontrollen oder Reparaturen nach.

Anhand der App "Find AdBlue" können Tankstellen mit AdBlue-Zapfsäulen ausfindig gemacht werden. Vor dem Auffüllen der Lösung sollte auf dem Etikett nachgeschaut werden, dass nicht nur der Markenname AdBlue, sondern auch die Norm ISO 22241 vermerkt ist.

Ist AdBlue giftig?

AdBlue ist geruchsfrei und ungiftig. Auf Augen, Haut und Atemwege kann sie jedoch reizend wirken. Bei Kontakt sollte die betroffene Stelle schnell mit Wasser abgewaschen werden.

Auch wenn beim Nachfüllen etwas daneben tropft, sollten die Flüssigkeitsreste schnell abgewischt werden. Bei längerer Einwirkzeit kann AdBlue zu Schädigungen von Lack und Kunststoff führen.

Wie viel kostet AdBlue?

Anfang des Jahres kostete AdBlue an der Zapfsäule knapp unter einem Euro. Aktuell liegen die Preise fast bei dem Doppelten. An den meisten Tankstellen in Halle, Leipzig und Umgebung liegt der Literpreis für AdBlue bei 1,85 Euro (Stand: 13.09.2022).