Ab Donnerstag zurück in die Schulen Ab Donnerstag zurück in die Schulen: So soll Unterricht trotz Corona-Regeln gehen

Magdeburg - Nach 37 Tagen ist es soweit: Am Donnerstag kehren die ersten Lehrkräfte und Schüler in die wegen der Corona-Pandemie geschlossenen Schulen in Sachsen-Anhalt zurück. Rund 10.000 Jugendliche sollen mit direktem Unterricht die Möglichkeit bekommen, sich auf ihre anstehenden Abschlussprüfungen vorzubereiten, wie die schwarz-rot-grüne Landesregierung argumentiert.
Für den Großteil der gut 197.000 Schülerinnen und Schüler bleiben die Einrichtungen gesperrt. Wie bereiten sich alle Beteiligten darauf vor, mit strengen Abstands- und Hygieneregeln Schule zu organisieren?
Wie ist der Zeitplan?
Ab Donnerstag dürfen zunächst nur die Abschlussjahrgänge in die Schulen zurück, um sich im direkten Austausch mit ihren Lehrerinnen und Lehrern vorzubereiten. Die Jugendlichen sollen trotz der geltenden Schutzmaßnahmen regulär ihre Prüfungen ablegen können, wie Bildungsminister Marco Tullner (CDU) zuletzt mehrfach betonte. Nur so könne es in ungewöhnlichen Zeiten ein normales Abitur geben.
Schon vor einigen Wochen hatte Tullner die regulären Termine für Abschlussprüfungen nach hinten verschoben: Die Abiturprüfungen starten am 4. Mai statt bereits am 27. April. Zudem können die Jugendlichen frei wählen, ob sie erst im Juni die Tests ablegen. Die Prüfungen für den Realschulabschluss sollen am 11. Mai beginnen und damit drei Wochen später als ursprünglich geplant.
Wann kehren die anderen Schülerinnen und Schüler zurück?
Darauf will sich derzeit niemand so recht festlegen. Die Spitzen von Bund und Ländern haben verabredet, schrittweise die strengen Schließungs- und Kontaktsperren zu lockern und zu beobachten, ob es zu einem Rückfall und einer neuerlichen schnellen Ausbreitung des Coronavirus kommt.
Bleibt die Zahl der Neuinfektionen niedrig, ist derzeit geplant, dass ab 4. Mai die Kinder und Jugendlichen zurückkehren, die nächstes Jahr ihren Abschluss machen sollen.
Zudem kündigte Tullner am Mittwoch an, dass auch die Grundschulen schrittweise wieder öffnen sollen. Ab 4. Mai sollen die Viertklässler zurückkehren, für die der Wechsel auf eine weiterführende Schule ansteht. Sollten die Infektionszahlen nicht wieder steigen, werde es im Mai wahrscheinlich weitere Schritte geben, um mehr Schüler an die Schulen zurückzuholen. Dazu erarbeitet die Kultusministerkonferenz derzeit ein Konzept.
Wie soll der Unterricht nachgeholt werden und könnten Ferien dafür ausfallen?
Bildungsminister Tullner ist strikt dagegen, den Unterricht in den Schulen damit aufzuholen, dass am Samstag unterrichtet wird oder Ferien verschoben werden oder ausfallen. Es sei ja nicht so, dass derzeit die Schüler zuhause nicht unterrichtet würden. „Lehrer, Schüler und Eltern stehen gerade vor einer gewissen Überlastsituation“, sagte Tullner am Mittwoch in einer Online-Fragestunde der „Mitteldeutschen Zeitung“.
Da kämen Ideen wie Samstagsunterricht oder wegfallende Ferien nicht gut an. Er sei jedoch durchaus offen dafür, etwa in den Pfingstferien freiwillige Zusatzangebote zu organisieren, bei denen Schüler mit ihren Lehrern mögliche aufgetretene Lernlücken ausgleichen könnten. Daran werde gerade gearbeitet. Darüber hinaus müsse abgewartet werden, wie schnell Schule in den Normalbetrieb zurückkehren könnte und wie viel Stoff im kommenden Jahr nachgeholt werden müsse. „Das System Schule ist da sehr flexibel.“
Was ist, wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder eine Lehrkraft zur Risikogruppe gehören?
Der Bildungsminister warb dafür, mit den Schulen jeweils eine individuelle Lösung zu finden. Menschen eines bestimmten Alters gehörten nicht prinzipiell zur Corona-Risikogruppe. Lehrer, die Vorerkrankungen hätten, könnten das beim Arzt abklären lassen und hätten im Falle eines Attests Anspruch darauf, im Homeoffice oder für andere Aufgaben eingesetzt zu werden. Bei Schülern müsse im Gespräch mit den Schulleitungen eine Lösung gefunden werden. Man sei sich der Sorgen und der besonderen Verantwortung für die Kinder bewusst, sagte Tullner. „Wr werden eher sensibel als strikt entscheiden, wie mit Einzelfällen umzugehen ist.“
Wie bewerten Schüler und Eltern die Pläne?
Die Reaktionen sind gemischt, was auch daran liegt, dass es in der wochenlangen Homeschooling-Phase unterschiedlich gute Lernbedingungen gab. „Einige fühlen sich gut vorbereitet, anderen fehlt Material für die Vorbereitung oder sie konnten zu Hause nicht richtig lernen“, sagte der Vorsitzende des Landesschüllerrats, Felix Schopf, der Deutschen Presse-Agentur. „Die familiären Umstände zu Hause sind auch sehr unterschiedlich, einige müssen dort für ihre Geschwister sorgen“.
Eine Online-Umfrage des Gremiums unter 5000 Schülerinnen und Schülern ergab, dass eine klare Mehrheit die geplanten Schutzmaßnahmen an den Schulen für ausreichend hält. Auch der Chef des Landeselternrats, Matthias Rose, begrüßte zuletzt, dass es reguläre Abschlussprüfungen geben wird. Auch er bezweifelt, dass sich alle Schüler während der wochenlangen Schulschließungen gleich gut darauf vorbereiten konnten.
Wie werden Lehrkräfte und Schüler vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt?
Bei den Prüfungsvorbereitungen müssen die Schulen besondere Reinigungs- und Hygienepläne einhalten. Die Verantwortung für die Hygiene an Schulen liege wie sonst auch bei den Trägern, sagte Regierungschef Haseloff. In der aktuellen Pandemiezeit bedeute das auch, dass Kommunen und private Träger Seife, Handtücher und ähnliches bereitstellen müssten. Das Land will bei der Ausstattung mithelfen und einfachen Mundschutz sowie Desinfektionsmittel bereitstellen, wie Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) ankündigte. „Das beginnt aber noch nicht am Donnerstag, sondern erst zum Start der Prüfungen.“ Rund 40.000 Masken will sie bereitstellen, das sind rechnerisch vier pro Prüfungskandidaten.
Wie bereiten sich die Kommunen auf die Schulöffnung vor?
Magdeburg rüstet bei den Waschgelegenheiten auf. „Wir haben in den Schulen bisher die Philosophie gehabt, dass im Klassenraum das Waschbecken dazu da ist, den Lappen sauber zu machen, um die Tafel abzuwischen“, sagte Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Es werde an allen Waschbecken in den Klassenräumen Papierhandtücher und Seifenspender geben, um sich dort die Hände zu waschen. So solle Andrang auf den Schultoiletten vermieden werden. Halle stattet seine Schulen zusätzlich mit Desinfektionsmittel aus, wie der parteilose Stadtchef Bernd Wiegand ankündigte. Darüber hinaus seien Land und Eltern gefordert, weitere Schutzausrüstung bereitzustellen.
Der Landkreis Harz nahm am Mittwoch eine erste Lieferung mit Schutzausrüstung für den Schulstart vom Land in Empfang. Dort kehren rund 5000 Jugendliche an die allgemeinbildenden und die Berufsschulen zurück, wie der Kreis mitteilte. Zunächst stünden mehr als 16 400 Masken, Tausende Einmalhandschuhe sowie 205 Liter Desinfektionsmittel zur Verfügung. Mit Blick auf die schrittweise Öffnung von Schulen und Kitas plane der Kreis eine zentrale Beschaffung weiterer Alltagsmasken, mit denen Mund und Nase bedeckt werden können.
Welche Vorgaben machen die Gesundheitsbehörden vor Ort?
Ein Abstand von 1,5 Metern zwischen Schülern und Lehrern müsse gegeben sein, „und zwar nach vorne, nach hinten, nach links und nach rechts“, sagt der Chef des Magdeburger Gesundheitsamts, Eike Hennig. Dafür müssten große Klassen von bis zu 30 Schülern in drei bis vier Gruppen aufgeteilt werden. „Das ist problematisch, das weiß ich. Das muss organisiert werden.“ Auch Lüften wird laut Hennig zu einer wichtigen Pflicht. „Damit vertreiben wir die Viren, die über eine gewisse Zeit in kleinen Luft- und Feuchtigkeitsbläschen verharren, aus der Ausatemluft.“
Was ist, wenn in einer Schule ein Corona-Fall auftaucht?
Darüber entscheidet das jeweilige Gesundheitsamt. Aus Sicht des Magdeburger Amtsarzt Hennig müsste in einem solchen Fall nicht die ganze Schule gesperrt werden. „Ein Positiver während des Abiturs und ich sperre die Schule und das ganze Abitur geht dann daneben bei allen Schülern, das ist nicht unser Plan im Moment.“ Es müsse im Einzelfall das Risiko abgeschätzt werden. Es sei durchaus möglich, dass jemand, der mit einem nachweislich Infizierten Kontakt hatte, mit einem Mundschutz seinen Abschlusstest schreiben könnte. „Dann sitzt diese Kontaktperson aber weit und breit allein. Das geht.“ (dpa)