Jugendämter in Sachsen-Anhalt 212-mal körperliche Misshandlung - Immer mehr Fälle akuter Kindeswohlgefährdungen im Land
Die Jugendämter in Sachsen-Anhalt haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Fälle akuter Kindeswohlgefährdung verzeichnet. Mit einem Plus von 247 Fällen stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 36 Prozent. Viele von ihnen werden vernachlässigt. Doch die Spanne der Vergehen ist größer.

Halle/DPA - Die Jugendämter in Sachsen-Anhalt haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Fälle akuter Kindeswohlgefährdung verzeichnet. Mit einem Plus von 247 Fällen stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 36 Prozent, wie das Statistische Landesamt am Donnerstag in Halle mitteilte. In den meisten akuten Fällen seien Babys betroffen gewesen. Am häufigsten initiierten demnach die Polizei oder Justizbehörden, Jugendhilfen sowie medizinisches Personal Verfahren, deren Ergebnis eine akute Gefährdung des Kindswohl war.
Insgesamt seien im vergangenen Jahr 4809 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindswohls durch die Jugendämter gemeldet worden, hieß es. Im Vergleich zum Vorjahr war dies ein Rückgang um 4,5 Prozent, so das Statistikamt.
212 Fälle von körperlicher und 154 Fälle von psychischer Misshandlung
Der Rückgang der Gesamtzahl der Verfahren könne auch damit erklärt werden, dass es insgesamt rund 22 Prozent weniger Verfahren mit dem Ergebnis latenter Kindeswohlgefährdung gibt, hieß es. Verfahren, deren Ergebnis lautet, dass keine Gefährdung vorliegt, seien ebenfalls weniger geworden (minus 9 Prozent).
Meistens handle es sich bei Kindeswohlgefährdungen um Kinder und Jugendliche, die vernachlässigt wurden (721 Fälle). Zudem habe es im vergangenen Jahr 212 Fälle von körperlicher und 154 Fälle von psychischer Misshandlung von Kindern gegeben. In den seltensten Fällen (insgesamt 62) wurde sexuelle Gewalt festgestellt. Die meisten Verfahren wurden - wie bereits in den Vorjahren - in Halle (1017 Fälle), Magdeburg (708 Fälle) und dem Landkreis Mansfeld-Südharz (569 Fälle) eingeleitet.
Gefährdungen häufig anonym oder von Schulen gemeldet
Vor den Verfahren seien in über der Hälfte der Fälle (67,3 Prozent) zuvor keine Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch genommen worden. In 20,8 Prozent der Verfahren nahmen die Kinder und Jugendlichen vorher eine ambulante oder teilstationäre Hilfe zur Erziehung wahr. Neben Polizei, Justizbehörden und Jugendhilfen würden latente Gefährdungen häufig auch anonym oder von Schulen gemeldet, hieß es.