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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Vom «hoffnungslosen Fall» zum Macher

Von Klaus-Peter Voigt 16.10.2007, 14:19
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)kritisiert eine «wachsende Subventionsmentalität» unterExistenzgründern und fordert deshalb die Abschaffung der «Ich-AG». (Foto: dpa)
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)kritisiert eine «wachsende Subventionsmentalität» unterExistenzgründern und fordert deshalb die Abschaffung der «Ich-AG». (Foto: dpa) dpa

Magdeburg/ddp. - Doch derartigeVorurteile habe er längst ad acta gelegt, sagt der MagdeburgerExistenzgründerberater. Lothar Worm kennt viele Einzelschicksale vonjugendlichen Existenzgründern. Er wisse, mit welchem Willen dieFrauen und Männer darum ringen, ihr Geld selbst zu verdienen.

160 junge Leute aus Sachsen-Anhalt haben in den vergangenendreieinhalb Jahren den Weg in die Selbstständigkeit gewagt, berichtetWorm. Geholfen hat ihnen dabei das Förderprojekt Enterprise. Wer nochnicht 27 Jahre alt ist, kann dort bei der Gründung einer eigenenExistenz Unterstützung erhalten.

Enterprise war von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung insLeben gerufen worden. Seit Oktober 2005 läuft es in Kooperation mitdem ego.PilotenNetzwerk weiter, das durch Fördermittel derEuropäischen Union und des Landes Sachsen-Anhalt eine Begleitung vonUnternehmensgründern ermöglicht. Projektbüros gibt es gegenwärtig inMagdeburg und in der Lutherstadt Wittenberg.

«Wir helfen bei der Erarbeitung von Geschäftskonzepten, bietenSeminare an, knüpfen Kontakte», erläutert Lothar Worm. Jederpotenzielle Selbstständige lerne so, worauf es ankommt, macht sichüber die beruflichen Chancen schlau und erkennt mögliche Risikendurch eigenes Abwägen. Diese Herangehensweise bewähre sich.

Zuvor waren die angehenden Jungunternehmer fast alle arbeitslosund lebten teilweise von Hartz IV. Unter anderem sind sie jetzt alsLogopäde, Dolmetscher oder Bauhandwerker tätig. Einige schafften nachkurzer Selbstständigkeit auch den Schritt zurück in den erstenArbeitsmarkt. «Letztlich ist uns wichtig, dass die jungen Leuteüberhaupt wieder arbeiten können», sagt Worm.

Als mobiler Wellness-Masseur hatte sich Christoph Benkewitz inMagdeburg seine ersten Sporen verdient. Mit seinem Angebot sprach ervor allem Unternehmen und Institutionen an. Neben den klassischenMassagen galt sein Interesse von Anfang an fernöstlichen Techniken.In die traditionelle thailändische Kunst ließ er sich sogar direkt inAsien einweisen. Das Konzept des 25-Jährigen ging auf. Inzwischenbetreibt er mit seiner Ehefrau eine Praxis für Gesundheitsförderung,Physiotherapie und Yoga im Magdeburger Hundertwasserhaus.

Lothar Worm freut sich vor allem über unkonventionelle Wege beider Existenzgründung. Den beschreiten beispielsweise rund 15 Männer,die sich in den zurückliegenden Jahren mit jeweils eher bescheidenenEin-Mann-Unternehmen als Fliesenleger, Trockenbauer, Dachdecker oderBaggerfahrer selbstständig gemacht haben. Die kleine Truppe knüpftemittlerweile untereinander ein regelrechtes Netzwerk.

«Oft gibt es Aufträge, die für einen allein nicht zu bewältigensind», erzählt Lars Kaufmann. Der 32-jährige Spezialist fürEntkernung und Rückbau hält die Fäden für den Handwerkerpoolzusammen. Die Zusammenarbeit funktioniert unkompliziert und hilft demeinen oder anderen, auch kurze Durststrecken zu überstehen. Niemandsei sich selbst für Hilfsarbeiten zu schade.

Untereinander könne man sich gerade in der Startphase der eigenenFirma mit selbst gemachten Erfahrungen helfen. «Mancher wäre sonstschon an den bürokratischen Problemen bei der Existenzgründunggescheitert», sagt Kaufmann. Enterprise habe zusätzliche undunkomplizierte Unterstützung gegeben.

Lothar Worm bezeichnet die Motivation, sich selbst zu helfen, alsErfolgsrezept. Mit ihr «lassen sich Berge versetzen». Enttäuschungenhabe er seit dem Projektstart eigentlich nicht erlebt. Ganz imGegenteil, mancher anfangs scheinbar hoffnungslose Fall, sei «richtigeingeschlagen».