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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Verbrecherjagd per Internet

Von Katrin Löwe 05.01.2007, 20:36

Halle/MZ. - Es ist heller Tag, als ein blutiger Bandenkrieg zwischen vietnamesischen Zigarettenhändlern die Stadt Halle aufschreckt. 26. Januar 1994, 11 Uhr, Tatort Raffinieriestraße nahe des Riebeckplatzes: Als die Banden aufeinander treffen, sind Samurai-Schwerter im Spiel, beidseitig geschliffen mit 70 Zentimeter langer Klinge. Zwei Männer im Alter von 34 und 40 Jahren sterben, zwei werden schwer verletzt. Die Polizei fahndet nach fünf Verdächtigen.

Januar 2007: Seit der Tat sind fast 13 Jahre vergangen. Ein Mann ist wegen der Samurai-Attacken verurteilt - der Zigarettenhändler Viet H. erhielt noch 1994 zwölf Jahre Haft. Vier weitere Verdächtige stehen noch auf der Liste Sachsen-Anhalts meistgesuchter Verbrecher. Mord verjährt nicht - die Fahndung geht weiter. Auch wenn die Erfolgsaussichten ungewiss sind. "Wenn die Männer untergetaucht oder wieder in der Heimat sind, ist es schwierig, sie zu finden", sagt Polizeisprecher Siegfried Koch.

Gerade bei schweren Verbrechen setzen die Ermittler deshalb inzwischen auch auf Internet-Steckbriefe - weltweit jederzeit abrufbar. Neun Männer stehen auf der Liste der meistgesuchten Verdächtigen in Sachsen-Anhalt. Die schlimmsten Fälle und nur ein Bruchteil der Personen, die gesucht werden. 24 000 Fahndungen stehen in Sachsen-Anhalt aus - 18 000 davon sollen laut Landeskriminalamt auf eine Festnahme hinauslaufen. Da auch mehrere Behörden nach einer Person fahnden können, liegt die Zahl der Gesuchten etwas niedriger. Allein in 502 Fällen soll eine Untersuchungshaft nach schweren Straftaten durchgesetzt werden.

Einer davon ereignete sich im April 2002 in Grieben (Kreis Stendal). Dort findet die Polizei die Leiche einer Frau. Tatverdächtig: ihr Ehemann Werner Klein. Der heute 52-Jährige soll seine Frau erwürgt und anschließend versucht haben, das Haus anzuzünden. "Er ist bis heute verschwunden", sagt Staatsanwalts-Sprecher Thomas Kramer.

Noch offen ist auch die Fahndung zu einem der spektakulärsten Kriminalfälle des Landes: die nach Metro-Mörder Norman Volker Franz. 100 000 Euro sind auf die Ergreifung des Mannes ausgesetzt, der 1997 als verurteilter Doppelmörder aus der Justizvollzugsanstalt Hagen (Nordrhein-Westfalen) flüchtete und dann bei Raubüberfällen in Weimar einen Wachmann und in Halle-Peißen zwei weitere Wachmänner ermordete. Ein Jahr später kommen ihm Zielfahnder des Landeskriminalamtes Düsseldorf in Portugal auf die Spur - unter mysteriösen Umständen gelingt Franz aus einem dortigen Gefängnis 1999 erneut die Flucht.

"Die Zielfahnder arbeiten weiter an dem Fall. Ihre Erfolgsquote ist sehr hoch", sagt LKA-Sprecherin Susanna Deeken-Heusgen. Details sind Verschlusssache, um die Fahndung nicht zu gefährden. Fakt ist auch hier: Die Polizei setzt auf Hinweise über ihre Internetfahndung. "Da der Gesuchte sämtliche Beziehungen zu früheren Kontaktpersonen abgebrochen haben dürfte, scheint seine Festnahme nur mit Hilfe der Bevölkerung möglich zu sein", heißt es im Steckbrief des Bundeskriminalamtes.

"Die Fahndung über das Netz wird heute weit mehr genutzt als noch vor ein, zwei Jahren", sagt Bernd Carstensen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. "Und sie könnte weiter verstärkt werden. Es gibt Hinweise, die kommen nur dank des Internets zustande." Inzwischen führt jedes Landeskriminalamt eine eigene Liste der meistgesuchten Verbrecher, aber auch von Vermissten und Diebesgut.