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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Unterschriften für verurteilten Mörder

10.04.2012, 18:33

naumburg/Mz/HH. - Völlig überraschend für den Insassen und dessen Angehörige wurde am Dienstag der Gefangene Helmut Marquardt aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Naumburg in die JVA Burg verlegt. Marquardt sitzt seit zehn Jahren hinter Gittern. Er wurde wegen Mordes an seinem Schwager zu lebenslanger Haft verurteilt. Entgegen der Überzeugung des Gerichts behauptet Marquardt, dass er unschuldig ist. Davon sind auch weitere 330 Menschen überzeugt. Sie haben dies mit ihren Unterschriften in einer Petition belegt. Darin wird die Staatsanwaltschaft aufgefordert, den Fall neu aufzurollen. Die Unterschriftenliste samt Anschreiben wurde an Justizministerin Angela Kolb (SPD) gesandt. Ein Reaktion darauf gab es bis Dienstag nicht. Auf telefonische Anfrage der MZ im Justizministerium hieß es, dass die Verlegung des Häftlings in Absprache mit den behandelnden Ärzten erfolgt sei.

Der Gefangene ist 76 Jahre alt und schwer herzkrank. Er hat zwei Herzinfarkte und eine Herzoperation hinter sich. Zwei Gnadengesuche, die er in den vergangenen Jahren gestellt hatte, wurden durch den ehemaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer und dessen Nachfolger Reiner Haseloff (beide CDU) abgelehnt. Auch die Bemühungen seines Anwalts, den Fall wieder neu aufzurollen, waren bislang vergeblich. Mit dem mysteriösen Mord in Lodersleben (Saalekreis) beschäftigte sich auch der Experte auf dem Gebiet der Kriminalistik, Mark Benecke, in seinem Buch "Aus der Dunkelkammer des Bösen". Zwar lässt der Autor offen, ob er von der Unschuld Marquardts restlos überzeugt ist, stellt aber fest, dass es erheblichen Klärungsbedarf zu diesem Mord gibt.

Dafür, dass Marquardt auf freien Fuß kommt, setzt sich auch Rüdiger Grunow aus Jena ein. In einem Schreiben an die Justizministerin, das der MZ vorliegt, verweist Grunow mit Nachdruck darauf, dass der wahrscheinliche Mörder des am 19. März 2002 in Lodersleben ums Leben gekommenen Mannes "frei herumläuft und damit eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstellt". Grunow weiter: "Wir, die darum kämpfen, dass Helmut Marquardt seine Unschuld beweisen kann, werden nie aufgeben."

Der Gefangene sagte in einem Gespräch mit der MZ: "Ich kann nicht begreifen, dass mir nicht geglaubt wird." Wenn sich nichts tut, muss er noch fünf Jahre einsitzen. Marquardt ist überzeugt, dass er die reguläre Freilassung nicht erleben wird.

Am 19. März 2002 passierte in Lodersleben, einem Ortsteil der Stadt Querfurt (Saalekreis) ein grausige Mord: Der sei entgegen der Auffassung des Gericht nicht aufgeklärt. (ARCHIVFOTO: PETER WÖLK)
Am 19. März 2002 passierte in Lodersleben, einem Ortsteil der Stadt Querfurt (Saalekreis) ein grausige Mord: Der sei entgegen der Auffassung des Gericht nicht aufgeklärt. (ARCHIVFOTO: PETER WÖLK)
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