Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Teure Förderung
MAGDEBURG/MZ. - Die Stühle reichten Mittwochmittag im Landesbetrieb für Hochwasserschutz nicht aus. Mehr als 200 Vertreter von Kommunen, Verbänden und Behörden waren gekommen, um sich über Details des vom Land aufgelegten Förderprogramms zum Schutz vor neuen Überflutungsschäden zu informieren. 30 Millionen Euro stehen zur Verfügung, um Baumaßnahmen zu finanzieren, mit denen nasse Keller und überflutete Äcker künftig verhindert werden sollen. Obwohl erst seit Mittwoch offiziell Anträge gestellt werden können, liegen die ersten bereits vor.
Wie beim Straßenbau
Neben zahlreichen Detailfragen wurde auf der Veranstaltung auch deutlich, dass nicht nur das Land und die betroffenen Kommunen sowie Verbände Geld in die Hand nehmen werden - sondern dass ebenso Grundstückseigentümer, die von Baumaßnahmen profitieren, anteilig zur Kasse gebeten werden.
Dies gelte nicht nur für die reinen Investitions-, sondern auch für mögliche Folgekosten, sagte Referatsleiter Michael Janssen aus dem Umweltministerium. Etwa beim Betrieb von Schöpfwerken. Das Verfahren gleicht der Erhebung von Zwangsbeiträgen von Anliegern beim Straßenausbau. Gleichzeitig können Gebäudeeigentümer selber in der Regel keinen Antrag auf Fördermittel stellen, gefördert werden nur komplexe Maßnahmen in Trägerschaft von Kommunen oder Verbänden.
Die Vorsitzende des zeitweiligen Grundwasser-Ausschusses im Landtag, Brigitte Take, verteidigte im MZ-Gespräch den Vorstoß, betroffene Hauseigentümer zur Kasse zu bitten. Die CDU-Politikerin sieht Hausbesitzer auch selbst gefordert: "Eigentum verpflichtet auch. Wer ein Haus hat, muss sich darum kümmern und es schützen." Take sprach sich dafür aus, bei künftigen Bauvorhaben mehr Vorsicht walten zu lassen: In der jetzigen Situation solle jeder Bauamtsleiter prüfen, ob der Untergrund für Keller geeignet sei, sonst dürfe er diese nicht genehmigen. Grundsätzlich sei aber der Bauherr selbst verantwortlich.
Der Forderung nach Entschädigungen für private Betroffene erteilte Take eine Absage. Das Land sei gar nicht verpflichtet, sich des Problems anzunehmen: "Wir tun das freiwillig." Es gebe aber Gespräche mit der Investitionsbank, um Eigentümern günstige Kredite anbieten zu können. Dabei werde es um Zinssätze zwischen einem und zwei Prozent gehen. Kritik übte die Ausschussvorsitzende an den kommunalen Unterhaltungsverbänden, die für die Pflege von Gräben und Gewässern 2. Ordnung zuständig sind. Manche arbeiteten gut, manche nicht. "Viele haben in den letzten Jahren schlicht nicht die Notwendigkeit gesehen, sich zu kümmern", so Take. Verbände zögen sich auch auf Umweltvorschriften zurück, etwa darauf, dass sie während der Vogelbrutzeit Gräben nicht entkrauten dürften. "Dabei dürfen sie immer dann eingreifen, wenn der Wasserabfluss nicht mehr gewährleistet ist." Der Städte- und Gemeindebund wies die Kritik zurück. Das Wassergesetz sei zu schwammig formuliert, als dass echte Kosten für die Gewässerpflege umgelegt werden könnten, sagte Umwelt-Referatsleiter Uwe Baier: "Die Erlöse sind so niedrig, dass viele Orte gänzlich auf die Erhebung von Beiträgen verzichten."
Frage der Gerechtigkeit
Künftig droht sich die Situation weiter zu verschärfen: Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) bestätigte, dass das Land den Städten und Gemeinden weitere Flüsse und Seen übertragen wolle. Die Herabstufung von in Landeshoheit befindlichen Gewässern 1. Ordnung zu kommunalen Gewässern 2. Ordnung sei Bestandteil des neuen Wassergesetzes, das er noch vor der Sommerpause im Landtag einbringen wolle. "Das ist eine Frage der Beitragsgerechtigkeit", so Aeikens. Bislang müssen Anrainer an Landesgewässern nicht zahlen, die Kosten trägt das Land. Von den Plänen betroffen könnten alle nicht schiffbaren Flüsse sein. Aeikens wollte dazu nichts sagen.