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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Neuer Wirbel wegen freihändiger Auftragsvergabe

04.06.2004, 12:30
Die Auftragsvergabe wird den Landesrechnungshof beschäftigen. (Foto: dpa)
Die Auftragsvergabe wird den Landesrechnungshof beschäftigen. (Foto: dpa) dpa

Magdeburg/dpa/MZ. - Wegen der Vergabe von Aufträgen ohneAusschreibung gibt es erneut Wirbel in Sachsen-Anhalt. Diesmal stehtdas Sozialministerium im Zentrum der Kritik. Der Landesrechnungshofund die PDS äußerten sich am Freitag verwundert darüber, dass dasMinisterium im April freihändig Aufträge in Höhe von 380 000 Euro aneine Computerfirma vergab, obwohl andere Ministerien wegen einerähnlichen Praxis bei Beraterverträgen zu diesem Zeitpunkt bereits imKreuzfeuer der Kritik standen. Ministeriumssprecherin ChristianeBaumann sagte der dpa, die Auftragsvergabe sei von Mitarbeitern ihresHauses nach einem vergaberechtlich zulässigen Verfahren erfolgt.

«Ich bin wirklich verärgert darüber, dass man offensichtlich ausden Fehlern, die hier in der Vergangenheit gemacht wurden undaufgedeckt wurden, nicht lernt», sagte der Präsident desLandesrechnungshofes, Ralf Seibicke, dem MDR 1 Radio Sachsen-Anhalt.Seibicke forderte die Ministerien auf, endlich gemäß den Vorschriftenzu handeln und bei der Auftragsvergabe sensibler vorzugehen.

«Diese Geschichte ist deswegen so skandalös, weil niemand mehrsagen kann, er kenne das Problem nicht, er wisse nicht, wie er mitdiesen Dingen umzugehen hat», sagte der parlamentarischeGeschäftsführer der PDS, Wulf Gallert, dem Radiosender. Es sei wiederdas gleiche Spiel: Beamte vergäben Aufträge ohne Ausschreibung unddie Spitze des Ministeriums wisse von nichts. Gallert fordertepersonelle Konsequenzen. Er leitet den parlamentarischenUntersuchungsausschuss, der seit Mai eine Reihe von Beraterverträgender aktuellen und der Vorgänger-Landesregierung beleuchtet.

Ein Regierungssprecher kündigte an, dass die Auftragsvergabe beider Kabinettssitzung am kommenden Dienstag besprochen werden solle.Er bestätigte, dass die Vergabe des Auftrags nicht - wie beiAufträgen dieser Größenordnung vorgeschrieben - in der Runde derStaatssekretäre besprochen worden sei. In der Staatskanzlei sei manüber den gesamten Vorgang, über den die «Magdeburger Volksstimme» inihrer Freitagausgabe zuerst berichtet hatte, nicht amüsiert.

CDU-Fraktionschef Jürgen Scharf sagte, für eine Bewertung derAngelegenheit sei es zu früh. Erst müsse das Ergebnis der vomRechnungshof angekündigten außerordentlichen Prüfung abgewartetwerden.

Laut Sprecherin Baumann will das Sozialministerium eineSozialagentur gründen, die vom 1. Juli an einen Teil derSozialhilfezahlung steuern soll. Dies soll über ein einheitlichesRechnersystem erfolgen. Um einen geeigneten Anbieter zu finden,startete das Ministerium Anfang des Jahres eine so genannteMarkterkundung, bei der sich zwei Firmen als mögliche Partnerherauskristallisierten. Den Zuschlag bekam schließlich dieDortmunder Software-Firma Lämmerzahl GmbH.

«Es handelt sich um ein nach dem Vergaberecht möglichesVerfahren», sagte Baumann der dpa. Sie erinnerte daran, dass es sichum Sachleistungen und nicht um Beraterverträge handelte.Sozialminister Gerry Kley (FDP) sei über das Vorhaben, jedoch nichtüber vergaberechtliche Details informiert gewesen.