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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Kuschelwahlkampf im Land der Frühaufsteher

Von Andrea Hentschel 09.03.2011, 07:55

Leipzig/AFP. - Sogar von einem Kuschelwahlkampf ist die Rede. Tatsächlich gibt es den Umfragen zufolge große Chancen für eine Fortsetzung des schwarz-roten Bündnisses. Aber auch eine rot-rote Koalition ist - rein theoretisch - möglich.

Nach der Hamburg-Wahl ist Sachsen-Anhalt die zweite Etappe im Superwahljahr 2011. Bereits eine Woche später, am 27. März, wird dann in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt. Dass vor allem der Urnengang in Baden-Württemberg mit größerer Spannung als jener in Sachsen-Anhalt, liegt wohl auch an den seit Monaten stabilen Umfragen in dem ostdeutschen Bundesland.

Eine Infratest-Umfrage für den MDR sah die CDU zuletzt im Februar mit 32 Prozent als stärkste Kraft, aber deutlich unter ihrem Ergebnis von 2006, als sie 36,2 Prozent erreichte. Die Linke lag bei 26 Prozent (2006: 24,1). Die SPD kam auf 23 Prozent, ein leichtes Plus gegenüber den 21,4 Prozent der letzten Wahl. Die Grünen können nach 13 Jahren auf den Wiedereinzug in den Magdeburger Landtag hoffen. Sie kamen in der Umfrage auf sieben Prozent. Die FDP dagegen dümpelte bei fünf Prozent.

Eines ist bei der Wahl indes sicher: CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer, gerade 75 Jahre alt geworden, tritt nach neun Jahren im Amt ab. Pragmatisch und mit ruhiger Hand hat der frühere Chefarzt Sachsen-Anhalt regiert. Zwar haben auch in den vergangenen Jahren tausende, vor allem junge Leute dem Bundesland den Rücken gekehrt, und Böhmer konnte seinen Herzenswunsch, dass sich Abwanderung und Zuwanderung die Waage halten, nicht erfüllen. Unter seiner Regierung hat das Land aber immerhin bei der Arbeitslosigkeit die «rote Laterne» im Ländervergleich abgegeben. Dass die Arbeitslosenquote innerhalb von fünf Jahren von knapp 21 Prozent auf 13 Prozent gesunken ist, rechnen sowohl Böhmer als auch CDU-Wirtschaftsminister Reiner Haseloff zu ihren Erfolgen.

Der bislang eher blasse Haseloff soll Böhmer nach dem Willen der CDU als Ministerpräsident beerben - und setzt dabei mangels Alternativen weiterhin auf die SPD. Die FDP bietet sich zwar als potenzieller Bündnispartner an, schwächelt aber und muss um den Einzug in den Landtag kämpfen. Tatsächlich finden die bisherigen Koalitionäre CDU und SPD überaus freundliche Worte füreinander. Während Böhmer die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren lobt, beschwört der SPD-Spitzenkandidat und amtierende Finanzminister Jens Bullerjahn das «persönliche Miteinander».

Allerdings ist rein rechnerisch auch ein rot-rotes Bündnis möglich, was der CDU durchaus Sorge bereitet. Bullerjahn schließt solch ein Bündnis zwar nicht generell aus, wohl aber eine Regierung unter einem linken Ministerpräsidenten. Den Anspruch darauf würde die Linkspartei als der stärkere Partner nicht hergeben. Auf der anderen Seite sind der SPD in Sachsen-Anhalt rot-rote Experimente nicht fremd: Von 1994 bis 2002 tolerierte die damalige PDS immerhin acht Jahre lang eine SPD-Minderheitsregierung. Bullerjahn galt einst als Mitbegründer des so genannten Magdeburger Modells. Haseloff warnt daher vor rot-roten Farbenspielen.

Eine Sorge eint indes alle Parteien: Dass den Rechtsextremen womöglich der Wiedereinzug in den Landtag gelingt. In einer Emnid-Umfrage für den «Focus» lag die NPD zuletzt bei fünf Prozent. Laut MDR-Umfrage liegt das Wählerpotential für die Partei sogar bei bis zu zehn Prozent. Das weckt ungute Erinnerungen an die rechtsextreme Deutsche Volksunion (DVU), die bereits von 1998 bis 2002 im Magdeburger Landtag saß.