Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Erben verzichten zunehmend auf Hinterlassenschaften
Magdeburg/dapd. - Allein in Magdeburg sei von 2010 zu2011 die Zahl der Ausschlagungen von 288 auf 411 gestiegen, sagteder Sprecher des Amtsgerichtes Magdeburg, Frank Gärtner. Nach seinerEinschätzung ist vor allem eine Überschuldung des NachlassesAuslöser einer solchen Entscheidungen. Hartz-IV-Empfänger fielenzunehmend in Armut.
Oftmals landeten solche Fälle nicht bei den Gerichten. Danneinigten sich die Erben mit Vermietern, Stromlieferanten oder Bankeneinvernehmlich. Diese gehörten zu den hauptsächlichen Gläubigern.Sie seien es aber auch, die regelmäßig Auskunft über möglicheHinterbliebene einholten, um offene Forderungen einzutreiben.
Bei Schulden wird aufs Erbe verzichtet
Eine ähnliche Tendenz wie in der Landeshauptstadt sieht auch dasAmtsgericht Bernburg. Direktor Tobias Hoffmann berichtete von 552Erbschein- und Ausschlagungsverfahren im Jahr 2010. 2011 waren es610, die in seinem Haus registriert wurden. In rund der Hälfte derFälle verzichtete man dabei auf den Nachlass. Meist wegen einerÜberschuldung des Verstorbenen.
Das Amtsgericht Oschersleben berichtet von einem Anstieg zwischen2010 und 2011 von 20 Ausschlagungen auf 150. Direktor DietmarBeddies verwies darauf, dass in vielen Fällen durchaus auch mehrereErben auf das noch vorhandene Hab und Gut verzichteten.
Das Amtsgericht Eisleben schätzt, dass etwa ein Sechstel der1.086 Nachlassverfahren im vergangenen Jahr, 2010 waren es 872, eineAusschlagung betrafen. Gründe würden in etwa 80 Prozent der Fällevon den potenziellen Erben nicht benannt. In den verbleibendenFällen sei Überschuldung des Nachlasses Auslöser der Entscheidung.In der Region Haldensleben stieg die Zahl der Ausschlagungen imgleichen Zeitraum von 90 auf 110. Mit 244 Fällen lagen die Verzichteauf ein Erbe am Amtsgericht Dessau-Roßlau um rund 20 Prozent höherals 2010, berichtete Direktor Ulrich Bauer.
Auch an Gerichten im benachbarten Sachsen wird eine solcheEntwicklung beobachtet. Stephan Zantke, Richter am AmtsgerichtZwickau, sagte, es gebe einen deutlichen Anstieg beiErbausschlagungen, und nannte als Ursache «unter anderem einegewisse Altersarmut». Zantke verwies darauf, dass es häufig umMietschulden gehe. Manchmal sei nur ein kleiner Betrag oder gar keinGeld für die Bestattung übrig. Nach Angaben der Direktorin desAmtsgerichts Oschatz, Katja Kohlschmid, wird das Erbe vor allem dannausgeschlagen, wenn der Verstorbene Sozialleistungen empfangen oderin einem Heim gelebt hat.
Ohne Erben kommt des Fiskus ins Spiel
Für den Nachlass eines Verstorbenen ist zunächst dasNachlassgericht beim Amtsgericht zuständig, das am Wohnsitz desToten ist. Wer das Erbe ausschlagen will, kann sich auch an dasAmtsgericht als Nachlassgericht wenden, das sich in seiner Stadtbefindet. Es gelte eine Frist von sechs Wochen, sagte diePressesprecherin des Justizministeriums, Ute Albersmann.
Hat jemand, der kein Testament gemacht hat, keinen Ehegattenhinterlassen und können auch Verwandte nicht ermittelt werden, trittan letzter Stelle der Staat als Erbe ein. Das ist grundsätzlich dasBundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder seinengewöhnlichen Aufenthaltsort hatte.