Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Die Verkehrswacht ist pleite
MAGDEBURG/MZ. - Die Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt ist pleite, ihre Zukunft ungewiss. In einer der Mitteldeutsche Zeitung vorliegenden E-Mail vom Mittwoch teilt der Geschäftsführer der Verkehrswacht, Jens Sondershausen, den Kreis- und Ortsverkehrswachten mit, dass der Verein vor der Insolvenz stehe. Ursache seien Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht, die die Landesverkehrswacht am selben Tag sämtlich verloren hatte. "Mit dieser Entscheidung des Landesarbeitsgerichts steht nunmehr die Landesverkehrswacht vor der Insolvenz", so Sondershausen im Schreiben.
Antrag auf Insolvenz
Auf MZ-Anfrage bestätigte Sondershausen am Freitag die Probleme: "Wir haben am Donnerstag Antrag auf Insolvenz gestellt." Die Landesverkehrswacht habe vor zwei Jahren versucht, sich von vier ihrer insgesamt neun Mitarbeiter mit betriebsbedingten Kündigungen zu trennen, sei damit aber letztlich gescheitert. "Wir müssen daher sehr wahrscheinlich für die zwei Jahre Lohn nachzahlen, was wir aber angesichts unserer finanziellen Situation nicht können", sagte Sondershausen. Man habe daher Vorkehrungen treffen müssen, die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.
Die jetzige Situation des gemeinnützigen Vereins sei eine Folge der im Jahr 2006 vom Landesrechnungshof aufgedeckten Misswirtschaft der Verkehrswacht, so Sondershausen. Der Rechnungshof hatte vor dreieinhalb Jahren moniert, dass der Verein Zuschüsse des Landes "teilweise unwirtschaftlich, nicht sparsam und nicht dem Zuwendungszweck entsprechend einsetzt". Im Zentrum der Kritik stand eine Tochter der Verkehrswacht, die Gesellschaft für Verkehrssicherheit Sachsen-Anhalt mbH (Gesa). Der damalige und inzwischen pensionierte Geschäftsführer der Gesa, war in Personalunion auch Geschäftsführer der Verkehrswacht selber und soll zusammen mit fünf Mitarbeitern jährlich 108 000 Euro zu viel Gehalt bezogen haben. Bilanzen legte die Gesa hingegen jahrelang nicht vor. Zudem wurden aus den Fördermitteln des Landes Hotelübernachtungen, Bewirtungen und Präsente für Vorstandsmitglieder und deren Partner finanziert. Nach Bekanntwerden des Skandals erstattete Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) Strafanzeige gegen den damaligen Geschäftsführer. Sondershausen zufolge sind die Ermittlungen wegen Untreue bis heute nicht abgeschlossen. In der Folge des Finanzskandals stellte das Land seine Förderung von Pauschalen auf projektbezogene Zuweisungen um, dieses Jahr sollen 270 00 Euro fließen. Wie es nun weitergeht, sei noch völlig offen, so Sondershausen: "Eine Insolvenz bedeutet ja nicht das Aus für den Verein." Er hoffe auf die Unterstützung der Landesregierung.
Daehre ist überrascht
Verkehrsminister Daehre zeigte sich überrascht von der Insolvenz: "Das müssen wir mit Bedauern zur Kenntnis nehmen." Wenngleich man keine Personalkosten übernehmen könne, wollte Daehre Hilfen für den Verein nicht gänzlich ausschließen. "Das ist eine wichtige Institution für das Land, an deren Arbeit wir großes Interesse haben", so Daehre. Er wolle daher bereits Anfang kommender Woche alle Beteiligten zum Gespräch einladen, um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.