1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Nach Wahlerfolg der AfD: Sachsen-Anhalt bangt nach Wahlerfolg der AfD um Touristen

Nach Wahlerfolg der AfD Sachsen-Anhalt bangt nach Wahlerfolg der AfD um Touristen

Von Ralf Böhme 18.03.2016, 18:05
Ein Wahlplakat der Alternative für Deutschland (AfD) steht in Magdeburg am Straßenrand.
Ein Wahlplakat der Alternative für Deutschland (AfD) steht in Magdeburg am Straßenrand. dpa-Zentralbild

Magdeburg - Erste Absagen von Urlaubern nach den Wahlerfolgen der AfD haben in der Tourismusbranche Sachsen-Anhalts eine aufgeregte Debatte ausgelöst.

Die Gefühlslage vieler Hoteliers und Wirte schwankt jetzt zwischen Hoffen und Bangen. Setzt sich der Aufschwung bei Übernachtungen und Besuchern fort? Oder muss wegen des Triumphs der rechtspopulistischen Partei in Magdeburg mit Einbußen gerechnet werden - die möglicherweise die Existenz ruinieren? Der Landestourismusverband ist alarmiert. Sein Vorsitzender Lars-Jörn Zimmer, ein früherer CDU-Abgeordneter, berichtet von „enttäuschten, aber auch wütenden Protestbriefe“.

Lautr Zimmer sind die Absender über die aktuelle Stimmung in Sachsen-Anhalt zutiefst besorgt. Neben vielen kritischen Stimmen aus den alten Bundesländern, die mit Fragen, Absagen und Stornierungen verbunden seien, habe ihn vor allem ein Schreiben aus den Niederlanden betroffen gemacht. Die Botschaft: Eine Familie mit zwei farbigen Kindern will demnach jetzt nicht in den Harz kommen, solange man sich dort Sorgen um die persönliche Sicherheit machen müsse.

Besorgt zeigt sich auch Erdmute Clemens, Geschäftsführerin der Wernigerode Tourismus GmbH (WTG). Gerade erst sei die bunte Stadt im Harz zum beliebtesten Ferienort in Deutschland erklärt worden. „Aber so ein Titel nützt uns nichts, wenn das von solchen Mitteilungen überschattet wird“, sagte sie. Man könne froh sein, dass viele auswärtige Gäste die Harz-Stadt nicht direkt mit dem Land Sachsen-Anhalt in Verbindung bringen würden. Entspannung erwartet die WTG-Chefin erst, wenn Sachsen-Anhalt ganz klar „wieder im demokratisches Fahrwasser“ unterwegs sei.

Ebensomahnt René Kauschus, der Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Dehoga in Sachsen-Anhalt, die demokratischen Parteien, sich rasch auf eine Zusammenarbeit zu einigen. Noch gäbe es keine Stornierungswelle, aber der Ruf sei schnell ruiniert. „Einen Rückschlag kann die Branche in Sachsen-Anhalt wirtschaftlich kaum verkraften.“ Mit einer Auslastung von 30 Prozent rangiere man im Bundesvergleich hinten. Das sei zugleich die unterste Grenze, damit viele Betriebe noch rentabel bleiben.

Gegen Panikmache spricht sich hingegen der Verein Welterbe-Region Anhalt-Dessau-Wittenberg aus. Ihre Mitglieder fordern die politischen Akteure auf, den Tourismus nicht für politische Diskussionen zu instrumentalisieren. Man widerspreche „vehement den Verlautbarungen“, wonach das Wahlergebnis dazu führe, dass Gäste ihre geplanten Reisen in die Region stornieren würden. Die aktuellen Buchungseingänge belegten das Gegenteil, so Vorstand Rolf Budde.

Ähnlich äußert sich Kristin Ruske, Leiterin der Tourist-Information in Wittenberg. In diesem Jahr hätten so viele Teilnehmer an Stadtführungen teilgenommen wie nie zuvor. Auch in den Tagen seit der Landtagswahl sei kein Rückgang feststellbar. Besorgte Anfragen oder Stornierungen in der Lutherstadt gebe es nicht.

Laut Wirtschaftsministerium haben Wahlergebnisse „keinen nachweisbaren Effekt auf den Tourismus“. Selbst nach dem Einzug der rechtsextremen DVU 1998 in den Landtag, so Pressesprecher Robin Baake, sei ein Einbruch ausgeblieben. Nachweislich wirkten Faktoren wie Wetter oder Hochwasser, „nicht aber die Tatsache, wer im Landtag sitzt“. (mz)