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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte haben sich verachtfacht

30.12.2015, 12:30
Blick auf den ausgebrannten Dachstuhl der geplanten Asylbewerberunterkunft in Tröglitz (Burgenlandkreis)
Blick auf den ausgebrannten Dachstuhl der geplanten Asylbewerberunterkunft in Tröglitz (Burgenlandkreis) dpa Lizenz

Magdeburg - ie Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte in Sachsen-Anhalt hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verachtfacht. Nach Angaben des Innenministeriums wurden bis 30. November achtmal so viele Angriffe verübt wie im Vorjahreszeitraum.

DIE FÄLLE

58 Angriffe wurden registriert. Im Vorjahreszeitraum waren es sieben. Knapp die Hälfte der Straftaten waren fremdenfeindliche Propaganda und Volksverhetzung. Zudem wurden drei Brand- und Sprengstoffanschläge verübt und 13 Sachbeschädigungen aufgenommen. Die restlichen Straftaten betrafen Diebstahl, Beleidigung, Bedrohung und Körperverletzung in einer Unterkunft - oder in unmittelbarer Nähe.

DIE AUFKLÄRUNG

Neben der Fallzahl ist laut Statistik auch die Aufklärungsquote gestiegen. Von den 58 Fällen seien 30 geklärt worden. Das entspricht einer Quote von 51,7 Prozent. Im Vorjahr waren von sieben Straftaten nur drei geklärt worden - was einem Anteil von 43 Prozent entspricht. Zudem konnten 58 Tatverdächtige ermittelt werden - im Vorjahreszeitraum waren es fünf. Allerdings variiert die Aufklärungsquote je nach Kategorie. Während von 14 Volksverhetzungen elf geklärt werden konnten, ist bei allen drei Brand- und Sprengstoffanschlägen unklar, wer dahinter steckt.

KONKRETE FÄLLE HINTER DEN ZAHLEN:

TRÖGLITZ Der bekannteste Fall ist der Brandanschlag von Tröglitz, der noch nicht aufgeklärt ist. Kurz bevor in dem Ort im Burgenlandkreis 40 Flüchtlinge einziehen sollten, zündeten Täter das vorbereitete Haus an. Anfang Oktober verhafteten die Ermittler einen Verdächtigen - mussten ihn knapp eine Woche später wieder freilassen. Der Verdacht gegen ihn hatte sich nicht erhärtet.

Am 16. Dezember haben drei Männer in Dessau–Roßlau zwei Albaner mit einem Schlagring und einem Messer verletzt. In Merseburg ist ein Mann aus Burkina Faso von einer Gruppe beleidigt und mit einer zerbrochenen Bierflasche bedroht worden.

Am 11. Dezember kam es im sächsischen Jahnsdorf zu Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft. Ein Bus mit neu ankommenden Asylsuchenden wurde von 30 Menschen mit Steinen und Böllern attackiert.

In einer Schule in Wurzen ist es im November mehrmals zu Übergriffen innerhalb einer Klasse gekommen.  Am 10. Dezember kam es zur Körperverletzung zweier Mädchen mit Migrationshintergrund.

In Magdeburg hat am 2.November eine Gruppe von rechten Gewalttätern fünf bis sechs syrische Flüchtlinge mit Baseballschlägern bedroht und angegriffen. Die Polizei konnte Schlimmeres verhindern.

Ein syrischer Asylbewerber wurde am 27. September in Hettstedt von einem Mann attackiert. Ein fremdenfeindliches Motiv ist laut Polizei nicht auszuschließen.

Am 24. September gab zwei Angriffe auf Bürger mit ausländischen Wurzeln. Ein syrisches Geschwisterpaar und 27-jähriger Kameruner wurden Opfer von Beschimpfungen und gewalttätigen Angriffen.

Am 22. September wurde ein Ausländer in Halle angegriffen. Kurz zuvor hatten unbekannte Randalierer das islamische Kulturzentrum beschädigt.

HALBERSTADT In Halberstadt warfen im Juli sechs Jugendliche und junge Männer zwischen 15 und 20 Jahren Steine auf eine Flüchtlingsunterkunft und verletzten eine Helferin des Deutschen Roten Kreuzes. Zudem riefen sie ausländerfeindliche Parolen. Im November warfen Unbekannte Brandsätze auf eine geplante Asylunterkunft in Peißen bei Halle, ohne dass ein Brand ausbrach. In Oschersleben warfen mehrere Männer im September eine Flache gegen eine bewohnte Unterkunft. Eine Scheibe ging zu Bruch, verletzt wurde niemand.
NOCH NICHT IN DER STATISTIK: Die Statistik des Ministeriums reicht nur bis Ende November, doch danach gab es bereits weitere Fälle. So wurde zuletzt in Gräfenhainichen zweimal binnen zwei Wochen eine noch nicht genutzte Unterkunft angegriffen. Zuerst beschädigten Unbekannte Mitte Dezember die Waschbecken im Haus so, dass es stundenlang mit Wasser volllief: Schaden 80 000 Euro. Vor wenigen Tagen gingen durch Steinwürfe mehrere Scheiben zu Bruch. In beiden Fällen suchen die Ermittler noch nach den Tätern, wie ein Polizeisprecher sagte. (dpa)