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Bilder, Brettspiele und Kommunikationsdesign Wie ein Künstler in Zappendorf in drei Berufen das Miteinander fördern will

Till Brömme möchte mit seinem Schaffen den Blick öffnen.

Von Claudia Crodel 30.10.2021, 14:00
Im Rahmen seines Projekts „Altera Natura“ zeichnete der Künstler Till Brömme wochenlang vom Aussterben bedrohte Pflanzen. Sie zeigt er hier in einer daraus entstandenen Collage.
Im Rahmen seines Projekts „Altera Natura“ zeichnete der Künstler Till Brömme wochenlang vom Aussterben bedrohte Pflanzen. Sie zeigt er hier in einer daraus entstandenen Collage. Fotos: Silvio Kison

Zappendorf/MZ - „Eigentlich habe ich drei Berufe: Ich bin Bildkünstler, bin seit über 22 Jahren in der Entwicklung von Brettspielen tätig und ich bin Kommunikationsdesigner“, sagt Till Brömme. Und er fügt hinzu: „Nur bildkünstlerisch zu arbeiten, langweilt mich zutiefst.“

Leben auf dem Land bedeutet für ihn vor allem, eine engere Beziehung zur Natur

Seit Anfang der 90er Jahre, gleich nach dem Abschluss seines Studiums an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, ist er in Zappendorf in der Gemeinde Salzatal tätig. Zunächst hatte er dort in einem alten, desolaten Vier-Seiten-Hof ganz am Ende einer kleinen Nebenstraße einen Teil so ausgebaut, dass er dort sein Atelier einrichten konnte. Ein paar Jahre und viel Arbeit später verlegte er auch seinen Wohnsitz dorthin.

Das Leben auf dem Land bedeutet für ihn vor allem, eine engere Beziehung zur Natur. Mit der Natur beschäftigt sich der 56-Jährige gegenwärtig in besonderer Weise in einem Projekt, dass er „Altera Natura“ nennt und sich dabei indigenen Pflanzen im Zeitalter des großen Artensterbens widmet. Die zunehmende Urbanisierung auch im ländlichen Raum, die immer stärkere Umformung nach menschlichen Maßstäben führe dazu, dass der verbleibenden Natur immer weniger Spielraum bleibt.

Künstler malte sechs vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten

„Das, was da auf uns zukommt, so etwas kann man nicht nur bildkünstlerisch darstellen, sondern dazu muss man auch etwas sagen. Ich möchte den Blick öffnen für ein ganz gravierendes Problem, für die Unwiederbringlichkeit dessen, was verloren geht“, formuliert er es. Sechs vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten von der Roten Liste Sachsen-Anhalt, drunter der Sumpfengelwurz und der Felsenbeifuß, hat er exemplarisch als Metapher genommen, sie wochenlang gezeichnet, um ihre Schönheit zu zeigen und einen neuen Blick zu schaffen.

Den Felsenbeifuß gebe es nur noch an zwei kleinen Stellen in Deutschland, eine liege im Salzatal, die andere in Thüringen. Und auch an diesen Orten würden nur ein paar Exemplare wachsen, erklärt Brömme. „Je mehr ich in den Kosmos der Pflanzen eintauche, desto intensiver entdecke ich deren Schönheit, Komplexität und Vernetzung mit der umgebenden Natur“, sagt der Künstler, der sich auch philosophisch mit dem Thema auseinandersetzt und stundenlang darüber reden kann.

Serien-Logo Merseburg
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Katrin Sieler

Neben Bilderkunst eine Affinität zu Brettspielen

Seit vielen Jahren beschäftigt sich Brömme mit systemischer Spielentwicklung, vor allem auf der gestalterischen Ebene. Oftmals arbeitet er mit dem Spieleentwickler Georg Pohl aus Hamburg zusammen. „Bei unseren Spielen geht es immer um gemeinschaftliches Miteinander, die Vermittlung von Kreativität, selbstbestimmtem Handeln und Kraft für die Umsetzung nachhaltiger Visionen“, erläutert Brömme das Anliegen, welches ihm mit einer Vereinfachung von komplexen Prozessen im Spiel in einer immer komplexeren Welt wichtig erscheint.

Themen der Spiele sind unter anderem der demografische Wandel, interkulturelle Begegnungen, kulturelles und künstlerisches Schaffen bis hin zu Projektentwicklung und Konfliktlösung. Meist entstehen die Spiele für Auftraggeber wie die Europäische Union, Städte und Behörden. Als Beispiele seien hier „Alles Dresden“, ein Planspiel zum 800. Stadtjubiläum der Elbmetropole, „Weiße Siedlung, Berlin“, ein Planspiel für Migrationsprozesse im Wohngebiet sowie „Stadtspieler“, ein Spiel zum Thema nationale Stadtentwickler, genannt. Letzteres gibt es in einer erweiterten Fassung für zehn Länder der EU unter dem Titel „Urban Boardgame“.

Auch in der Entwicklung von Spielen betätigt sich Till Brömme, wie hier beim Spiel „KH2spielt!“, das gemeinsam mit Georg Pohl aus Hamburg entstand.
Auch in der Entwicklung von Spielen betätigt sich Till Brömme, wie hier beim Spiel „KH2spielt!“, das gemeinsam mit Georg Pohl aus Hamburg entstand.
Silvio Kison

Künstler hat die Zappendorfer Wassermühle ausgebaut

Als Kommunikationsdesigner hat Till Brömme als Sieger eines bundesweiten Gestaltungswettbewerbs das Corporate Design für die Händelfestspiele sowie sechs Jahres-Kampagnen für die Festspiele entwickelt, aber auch das Corporate Design für Firmen, Institutionen und Kulturstätten wie Scil Proteins in Halle, die Schaubühne Leipzig und den SchnitzelGarten in Dresden oder Firmen in Hamburg, München und Finnland.

Zudem bringt sich Till Brömme als Künstler in seiner unmittelbaren Umgebung ein, im Ort Zappendorf. Dort hat er in diesem Jahr beispielsweise gemeinsam mit Ulrike und Georg Dietrich, die die Zappendorfer Wassermühle ausgebaut haben sowie weiteren Mitstreitern das Projekt „Stadt-Land-Künstler“ umgesetzt. Im Rahmen dieses Projektes ist ein einzigartiger Kunstpfad durch Zappendorf entstanden.