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Klimawandel, E-Mobilität, Corona Wahlforum der MZ: Was die sechs Bundestagskandidaten aus Wahlkreis 74 zu sagen haben

Klimawandel, E-Mobilität, Corona: Beim Wahlforum der MZ diskutierten sechs Bundestagsanwärter aus Wahlkreis 74 über die aktuellen Themen.

Von Laura Nobel Aktualisiert: 03.09.2021, 11:02
Die Podiumsdiskussion mit den Kandidaten ist auch im Netz zu finden und wird am Sonntag um 20 Uhr im Offenen Kanal übertragen.
Die Podiumsdiskussion mit den Kandidaten ist auch im Netz zu finden und wird am Sonntag um 20 Uhr im Offenen Kanal übertragen. (Foto: Silvio Kison)

Merseburg/MZ - Sechs Bundestagskandidaten des Wahlkreises 74 sind am Dienstag im Ständehaus in Merseburg aufeinandergetroffen. Der Einladung zum Wahlforum von MZ und Saalekreis waren rund 50 Zuschauer gefolgt. In einer knapp zweistündigen Podiumsdiskussion stellten sich Ingo Bodtke (FDP), Katrin Budde (SPD), Mika Erdmann (Grüne), Robert Farle (AfD), Daniel Feuerberg (Die Linke) und Torsten Schweiger (CDU) den Fragen des amtierenden Chefreporter der MZ- Merseburg, Robert Briest.

Im ersten Block ging es um den Klimawandel. Die MZ wollte von den Kandidaten zunächst wissen, was ihre Ansätze sind, um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen und wie in Zukunft die Energiesicherheit gewährleistet werden kann.

Bodtke: Der FDP-Mann sieht das Engagement im Ausland als wichtigen Punkt. Deutschland habe in den vergangenen Jahren 30 Prozent CO2-Einsparung erreicht und sei auf einem guten Stand. „Wenn wir zum Beispiel eine Müllverbrennungsanlage in Ägypten bauen, dann ist das sinnvoller, als wenn wir unsere Wirtschaft mit hohen Auflagen zerschlagen.“ In Sachen Energiesicherung müsse man sich auch, aber nicht nur, auf regenerative Energie konzentrieren. Sich nur auf erneuerbare Technologien zu verlassen, reiche nicht aus, um die Grundlast abzudecken. Energieoffenheit sei daher der entscheidende Punkt.

Budde: „Wir müssen uns Klimaziele setzen, nicht nur wegen der Erderwärmung sondern auch wegen der Endlichkeit der Rohstoffe.“ Die Verlässlichkeit stehe dabei an erster Stelle. Die Aufgabe der Politik bestehe auch darin, die Chemieindustrie in der Region dabei zu unterstützen, ihre Klimaziele zu erreichen. Sie müsse auch dafür sorgen, dass Arbeitsplätze durch neue Technologien bestehen bleiben. Zudem müsse die Politik Geld für Technologieentwicklung und Modernisierung im privaten und industriellen Bereich bereit stellen.

Erdmann: Es gehe darum, den CO2-Ausstoß zu minimieren. „Ich bin der Meinung, dass man da viel mit dem Ausbau des ÖPNV erreichen kann.“ Deutschland sei noch in der Findungsphase, wenn es um die zukünftige Energiesicherung gehe. Es brauche regenerative Energiequellen, die die Grundlast abdecken. „Welche da am besten geeignet sind, müssen Experten entscheiden. Wir müssen uns da auf die Wissenschaft verlassen.“

Farle: Für den AfD-Mann ist der Klimawandel nicht menschgemacht. Der CO2-Anstieg sei eine Folge der Erwärmung, für die die Sonne verantwortlich sei. „Ich bin dafür, dass wir die Lebensräume für Menschen und Tiere erhalten.“ Farle kritisierte das Aufstellen von Windrädern in der Nordsee, da diese den Lebensraum von Vögeln und Insekten zerstören würden. Zur künftigen Energiesicherung will Farle auch in der Region Kernkraftwerken der vierten Generation bauen lassen. Aber auch die Wasserstoffwirtschaft sei zukunftsträchtig, aber nur bei niedrigen Strompreisen.

Feuerberg: „Wir müssen den Anteil an regenerativen Energien deutlich steigern, damit wir möglichst schnell die Klimawende schaffen.“ Der Linke sieht Wasserstoff als Energieträger der Zukunft, der müsse aber noch besser erforscht werden. Für die Energiesicherung brauche es einen Energiemix: „Wir müssen Energie aus verschiedenen Quellen generieren und speichern.“

Schweiger: Klimaneutral zu werden, hänge auch immer mit Ökonomie zusammen. Verschiedene Motoren, wie Elektro oder Diesel, sollten in Wettstreit treten. Zudem setzt Schweiger auf Anreize statt Verbote. „Wir dürfen da nicht mit Populismus rangehen, sondern müssen mit Augenmaß arbeiten.“ Ein Problem sieht er darin, dass mit erneuerbaren Energien noch nicht genug Speichermöglichkeiten vorhanden seien. Das gelte es zu lösen.

Antworten Schnellfragerunde
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(Grafik: MZ)

Im ersten Block ging es zudem um die Frage, wie bis 2030 die entsprechende Infrastruktur für E-Autos in Städten und Dörfern entstehen soll.

Erdmann: „Die Grundlast wird ansteigen, wenn wir mehr E-Autos haben.“ Die gelte es abzusichern. Erdmann hält es für eine Möglichkeit, die Region mit öffentlichen Ladesäulen auszustatten. „Wir müssen nur schauen welche Technologie dafür erforderlich ist und welche naturschonend ist.“

Budde: „Mit fehlt dazu die Fantasier, dass es bis 2030 klappt.“ Es gehe aber definitiv mehr als aktuell. Eine entsprechende Infrastruktur gelte es daher auszubauen. Einen Verbot von Verbrennermotoren hält Budde für schwierig und sieht stattdessen Hybridautos als Übergangslösung.

Bodtke: Der Liberale hat selbst schon einen Praxistest mit einem geliehenen E-Auto hinter sich. Sein Urteil fiel vernichtend aus: „Die Praxistauglichkeit für einen Vielfahrer war gleich null.“ Das Stromnetz sei gar nicht darauf ausgelegt, dass viele Autos in einem Bereich aufgeladen werden können. Man müsse also erstmal die Grundlage dafür schaffen.

Schweiger: Mobilität sei gerade für den ländlichen Raum eine entscheidende Sache. Der CDU-Mann hält einen Mix aus E-Autos und anderen Fahrzeugen für sinnvoll. Für einen gänzlichen Umstieg auf E-Mobilität sei die Zeit noch nicht reif. „Deshalb halte ich überhaupt nichts davon, den Verbrenner zu verbieten. Wir müssen da weiter forschen.“

Feuerberg: Auch der Linke meint, dass die Reichweiten des E-Motors noch nicht ausreichend sind. „Wir werden auch den Diesel noch als Brückentechnologie brauchen.“ Feuerberg hält synthetische Kraftstoffe für notwendig und wünscht sich in dem Bereich weitere Forschung.

Farle: Den Umstieg auf E-Mobilität hält Farle für „Wohlstandsvernichtung hoch drei und schlichtweg nicht machbar“. Er befürchtet, dass die Automobilindustrie dadurch Schaden nimmt und Facharbeiter arbeitslos werden. „Wenn wir unsere Wirtschaft zerstören wollen, dann müssen wir einfach so weiter machen.“

Im zweiten Block ging es um Corona, konkret um die Frage wie das Land die Impfquote erhöhen kann, und wie der Staat die Pandemieausgaben von bisher 500 Milliarden Euro kompensieren soll.

Schweiger: „Aufklären, aufklären, aufklären“, lautet seine Devise, um eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen. Die Impfung ist aus Schweigers Sicht das beste Mittel, um einen weiteren Lockdown zu vermeiden. Einen Impfzwang hält er für kontraproduktiv, auch für bestimmte Berufsgruppen. Mit Blick auf die Staatsfinanzen lobte Schweiger die Schuldenbremse, die überhaupt erst die jetzigen Ausgaben ermöglicht habe. „Wir dürfen die Last nicht kommenden Generationen hinterlassen.“

Feuerberg: Auch Feuerberg schließt eine Impfpflicht für alle Berufsgruppen aus. Stattdessen müsse man Anreize setzen. Er hält es für sinnvoll, die Inzidenz künftig nach Geimpften und nicht Geimpften zu trennen. Das zeige, wie wirksam eine Impfung ist. Es reiche aber nicht aus, wenn nur Industrieländer durchgeimpft sind. Man müsse auch Entwicklungsländern Impfstoff zur Verfügung stellen. Zur Refinanzierung der Pandemiekosten schlägt Feuerberg vor, sich bei den Profiteuren der Krise zu bedienen, beispielsweise durch eine Vermögensabgabe.

Farle: Das Grundgesetz erlaube es nicht, dass Menschen zu seiner Impfung gezwungen werden, „bei der die Auswirkungen tödlich sein können“. Er ist der Meinung, dass Coronaimpfstoffe genverändernd sind. Für diese Aussage erntete der AfD-Mann lautstarken Protest aus dem Publikum. Es sei undemokratisch, die Rechte der Ungeimpften zu beschneiden. Farle forderte, man müsse den Versandhandel besteuern, der „auf Kosten des kleineren Handels und kleineren Gewerbebetriebe das große Geschäft“ gemacht habe.

Erdmann: Der 20-Jährige setzt auf Aufklärung, um mehr Menschen von einer Impfung zu überzeugen. Auch niedrigschwellige Impfangebote, etwa bei Veranstaltungen, seien sinnvoll. Um die Staatsausgaben in der Krise zu kompensieren, braucht es aus Sicht des Grünen ein Reichensteuer. „Da wir nach der Krise mehr Millionäre haben als vorher, sollten wir da ansetzen.“

Budde: „Ich glaube, dass wir mit Überzeugung und Ängsten nehmen weiter kommen als mit einer Impfpflicht.“ Gegenwärtig seien daher Überzeugungsarbeit und niedrigschwellige Angebote am sinnvollsten. Wirtschaftlich gesehen gelte es, die Arbeitsplätze zukunftssicher zu machen, damit die Gesellschaft in der Lage ist, die Coronaschulden wieder abzutragen.

Bodtke: Grundsätzlich sollte es keine Impfpflicht geben, jedoch sollte man sie für bestimmte Berufsgruppen, wie etwa Pflegepersonal, nicht gänzlich ausschließen, findet der FDP-Politiker. „Das wäre für mich aber der letzte Schritt. Zuerst kommt Aufklärung.“ Um die Krise zu bewältigen, müsse es der Wirtschaft einfacher gemacht werden, etwa durch Bürokratieabbau und Steuersenkungen.

Zweites Wahlforum: Der Wahlkreis 73 diskutiert am 9. September um 19 Uhr im Bad Dürrenberger Rathaus. Wer dabei sein möchte, wendet sich unter dem Stichwort „Wahlforum Bad Dürrenberg“ per Mail an [email protected] oder postalisch an die MZ-Redaktion, Entenplan 9, 06217 Merseburg.