Schwerer Lkw-Unfall in Schafstädt Schwerer Lkw-Unfall in Schafstädt: Ein Loch und viele Fragen

Schafstädt - Kaum ein Auto, das am Montag den Platz des Friedens in Schafstädt passierte, kam ohne zu bremsen am Haus mit der Nummer 1 vorbei. Viele Autofahrer passierten im Schritttempo das weiße Gebäude und schauten auf das riesige Loch in der Giebelfront, das dort ein tonnenschwerer Sattelzug hinterlassen hat.
Das Loch, das nur durch eilig aufgestellte Bauzäune für Unbefugte verriegelt ist, gibt den Blick auf die Küche des Hauses frei. Zum Glück spielte sich in dem Raum am vergangenen Freitagvormittag kein Leben ab - der Lkw-Unfall hätte ansonsten in einer Tragödie enden können.
Polizei: „Die Ermittlungen zu den Hintergründen des Unfalls laufen noch“
So bleibt es bei der bisherigen Bilanz der Polizei: Der Sattelzug kam in Richtung Querfurt fahrend nach rechts von der Straße ab, rollte über den schmalen Fußweg und machte einen Strommast aus Beton sowie eine Grundstücksmauer platt.
Nach gut 100 Metern endete die aus der Kontrolle geratene Fahrt mit dem Aufprall auf das Wohnhaus. „Die Ermittlungen zu den Hintergründen des Unfalls laufen noch“, sagte am Montag Polizeisprecherin Monika Lehmann auf MZ-Anfrage vielsagend. „Damit ist auch die Ursache noch unklar.“
Der Fahrer, ein 63-jähriger Mann, befinde sich nach wie vor im Krankenhaus. Auch er kam vergleichsweise glimpflich davon, hatte sich bei der Kollision mehrere Knochen gebrochen, unter anderem das Becken. „Er befindet sich definitiv nicht in Lebensgefahr“, ergänzte die Polizeisprecherin. Unklar ist, wann er zu dem Umständen des Unfall näher befragt werden kann, wie es hieß.
Fahrtenschreiber des Lastwagens gesichert
Am Montag hatte die Polizei dazu Rücksprache mit den behandelnden Ärzten gehalten. „Auch der Fahrtenschreiber des Lastwagens wurde von unseren Beamten gesichert, um die Ermittlungen voranzutreiben“, sagte Lehmann. Im Ort wird unterdessen viel gemutmaßt. War der Fahrer womöglich abgelenkt? Wurde ihm plötzlich schlecht, so dass er die Kontrolle über sein Gespann verlor? Belege für entsprechende Spekulationen zur Unfallursache hat derzeit jedoch niemand. Erst die Befragung durch die Polizei wird dazu Erkenntnisse bringen.
„Natürlich war die Sorge im Ort schon immer groß, dass so etwas mal passieren wird“, sagte unterdessen Schafstädts Ortsbürgermeister Klaus Andres (parteilos). An vielen Stellen des Ortes stehen die Häuser ziemlich nah an der Straße, die trotz der Autobahn 38 viel befahren ist.
„Vor allem unter Lkw-Verkehr leiden wir Anwohner nach wie vor sehr“, klagt Andres, dessen Haus selbst an der Landesstraße steht. Früher hatte sich eine Bürgerinitiative für eine Umgehungsstraße eingesetzt. Doch sie wurde durch eine Verkehrszählung ausgebremst. „Nun müssen wir damit leben“, sagt Andres.
Unklar ist, wie es mit dem schwer beschädigten Haus nun weitergeht. Es soll noch nicht viel Zeit vergangen sein, seit das Dach neu gedeckt wurde. Nun ist das halbe Gebäude demoliert. Bei der Bergung des Lastwagens war eine Ecke weggebrochen, nun ist das Haus einsturzgefährdet. In der Küche stehen noch die Stahlstangen, mit denen das alarmierte Technische Hilfswerk die Zwischendecke provisorisch abgestützt hat.
Schafstädt bietet Übergangsbleibe für Bewohner an
Der Bewohner, selbst ein Lkw-Fahrer, war seit dem Unfall für die MZ nicht zu erreichen. Er soll selbst schon wieder auf Tour sein. Die Stadt hatte ihm bereits kurz nach dem Unfall eine Übergangsbleibe angeboten. In einem Neubaublock, der unweit der Unglücksstelle steht, hätte er in eine Gästewohnung im Erdgeschoss ziehen können, wie Bad Lauchstädts Bürgermeister Christian Runkel (CDU) mitteilte.
Ob er das Angebot in Anspruch genommen hat, was zunächst unklar. Ebenso ist in den nächsten Wochen die Frage zu klären, was aus dem völlig demolierten Wohnhaus wird. Muss es abgerissen werden? Oder kann es doch noch gerettet werden?
Während diese Frage vor allem Experten vom Bau beschäftigen wird, ist für den Bewohner wohl eher die Antwort auf eine andere Frage von Bedeutung: Kann ich jemals wieder in ein Haus ziehen, in das jederzeit wieder ein Lkw krachen kann?
Schon viele schwere Unfälle in Schafstädt
Nicht das erste Mal endete in Schafstädt ein Unfall an einer Mauer. Erst im vergangenen Dezember war ein Autofahrer an anderer Stelle mit seinem Fahrzeug von der Straße abgekommen und gegen eine Grundstücksmauer gerast. Er hatte ebenfalls die Landesstraße 172 befahren und war kurz hinter dem Ortseingang in einer scharfen Rechtskurve geradeaus in die Mauer weitergefahren. Der Mann wurde bei dem folgenschweren Aufprall schwer verletzt (die MZ berichtete).
Da es nicht der erste Unfall dieser Art an der Stelle war und Anwohner allgemein deutlich überhöhte Geschwindigkeiten im Ortseingangsbereich aus Richtung Querfurt beklagt hatten, wurden Forderungen nach Veränderungen laut. Eine andere Beschilderung, stärkere Hinweise auf die Kurve etwa oder aber auch eine bauliche Lösung, die Autofahrer schon am Ortsschild zum Bremsen zwingen würde. Polizeikontrollen würden nur temporär Wirkung zeigte, klagt der Ortsbürgermeister.
(mz)