Ein Jahr nach Schlammlawine Schlammlawine in Zingst: Bewohner kämpfen ein Jahr danach noch immer mit den Folgen

Zingst - Wenn sich am Himmel etwas zusammenbraut, dann steigt bei Martin Kistenmacher der Puls. „Als der Wetterdienst für Himmelfahrt zum Teil schwere Unwetter angekündigt hatte, habe ich ständig das Wetterradar im Auge behalten“, erzählt der Bewohner des beschaulichen Zingst, ein Ortsteil von Querfurt. „Meine Frau sagte, dass ich total aufgekratzt wirkte.“
Ein Jahr nach der Schlammlawine in Zingst: Noch heute sind die Schäden sichtbar
Die Emotionen, die erst in der vergangenen Woche aufgrund des Wetterberichts mal wieder mit Kistenmacher durchgingen, sind nicht verwunderlich. Jährt sich doch in diesen Tagen die Schlammlawinen-Katastrophe zum ersten Mal: Im Mai vergangenen Jahres hatten sich innerhalb weniger Tage nach schweren Unwettern gleich zwei Schlammlawinen von einem oberhalb des Orts gelegenen Acker gelöst und Zingst mit voller Kraft überrollt.
Auch das Grundstück Kistenmachers, der das örtliche Schlösschen besitzt und dort Feriengäste bewirtet, wurde von den Lawinen schwer getroffen. „Erst vor einigen Tagen war wieder ein Gutachter der Versicherung da, um sich ein Bild zu machen“, erzählt Kistenmacher, der in dem an einem Hang gelegenen Park des Schlosses noch immer sichtbaren Schäden zeigt. An mehreren Stellen haben die Schlammlawinen tiefe Wunden hinterlassen.
Schlammlawine in Zingst: Eingangstür des Schlosses einfach fortgespült
Mehrere Kubikmeter Erde wurden weggespült. Verstärkt wurde die Wucht der Lawinen durch große Steine - die einst die historische Grundstücksmauer des Schlosses bildeten. „Die wurden bis raus auf die Straße gespült“, erinnert sich Kistenmacher. Dabei wurde auch die Tür des Eingangsportals am Fuß des Hanges herausgebrochen. „Die haben wir noch immer nicht wiedergefunden.“
Vermutlich liegt sie unter Tonnen von Schlamm, die auf der anderen Seite der Bundesstraße, die den Ort durchschneidet, ein kleines Feld zerstört haben. Wie Einwohner berichten, hatten die Zingster hier Gemüse und Blumen angebaut und so den Ort verschönert.
Schlammlawinen in Zingst: Wie sieht es ein Jahr danach in dem Ort aus?
Ein Jahr nach der Katastrophe befindet sich hier eine Brache. Direkt daneben steht ein Wohnhaus, in dessen Garten sich Schuttberge türmen. Eine ältere Dame hatte hier bis zuletzt gelebt. Der MZ sagte sie schon damals verzweifelt, dass sie keine Möglichkeit habe, wieder alles aufzubauen. „Sie hat das Haus inzwischen verkauft und ist weggezogen“, weiß Kistenmacher. Die neuen Besitzer sind gerade dabei, es herzurichten. Auf sie wartet noch sehr viel Arbeit.
Auch ein steiler Weg, der von der Bundesstraße über den bewaldeten Hang hinauf nach Vitzenburg führt, ist noch immer gesperrt. Die tiefen Krater, die Schlamm und Geröll hier hinterlassen haben, sind noch nicht beseitigt. Immerhin konnte die Stadt Querfurt inzwischen die Finanzierung der Instandsetzung klären.
Auf dem riesigen Feld, von dem sich vor einem Jahr die Dreckmassen lösten, wurden hingegen sofort sichtbare Konsequenzen gezogen: Wurde damals bis zur Kante angebaut, befindet sich dort aktuell ein mehrere Meter breiter Streifen aus Luzernen, die Erosionen vorbeugen sollen. Weitere Maßnahmen sollen laut Angaben des Umweltministeriums folgen. Für die Bewohner des Orts im Tal bleibt nur zu hoffen, dass das nächste schwere Unwetter nicht schneller ist. (mz)
